£===10 g==o> H; 1— ffr -h* wHHHo 1 z =r J: CD ÜS==h» 1 -" — — — T~ j 1 i^Hco | Deiters, Hermann Johannes Brahms ML 410 B8D29 1881a 2IUf Kfditf uotl.fballfti. Digitized by the Internet Archive in 2011 with funding from University of Toronto http://www.archive.org/details/johannesbrahmsOOdeit be Ig.?/"1 23 u. 24. 3of)annes Srafyms** Von Dr. «Scrntönn Leiter». i war in bcr 93citte ber 50 er Safjre — wenn wir nidjt irren, im Sommer 1 S56 — al» un§ in 93onn in ©cfctlfc^aft anberer jüngerer Gknoffen ein junger ftünftler begegnete, beffen ganje§ SScfen ifjn fo* fort oor ben übrigen au^eic^nete. SRirfjt etwa burd) jene äußere Ungebunbcnfjcit bc§ SünftferS. welche feiten fnmpatfjifd) berührt; unb bodj eridjien er wie unbefümmert um bie umgebenbe 2Belt, erfüllt oon einem fünftlerifdjen Sbeafe, oon fräftigem, zielbewußtem Streben, unb au§ bem Sdjafcc feiner fünftlcrifdjcn Überzeugungen rjetter unb gern mittfjcilenb. SDcan wanberte gemeinfam ju ber Stätte , wo ber t)crrlid)c SDJeiftcr , ber oon ben jüngeren fo innig oercfjrte Robert Schumann, oon ferneren Seiben umbüftert lebte; c» trieb ben jungen ftünftler, ben and) oon ifun fo r)ody ocref)rtcn Sfteifter ju fetjen. §atte man \id) uunjer an feinem un» * 2a 3?erfaiier naebficbenfcen StuffafceS bat bereites früber über Srabm« unb einzelne '"einer Safe an terebjereucn Stellen, bauptiäcbjicb, in mehreren Xufjöfcen ter Allgemeinen i'iufifalifcbeu ^f'tung, gefyanbelt, n>a« b.ier ein für alle üflat be« meitt trirb, ca im gclgentcn ten CitJten abgelesen ift_ 26» 322 I>r. Hermann ©eitert. [4 befangenen, bcgciftcrtcn 2£cfcn erfreut, fo gemann man if)n jefct boppclt lieb, ba man itjn Don bem SSerfefjre mit bem SUceifter unb ben ^iu^crungen bcsfclben mit inniger SSercrjrung crjätjlen fjörte. tiefer junge tfünftlcr mar 3orjanne§ 23rarjmS. 2£ar er aud) meitcren Streifen bamatä nod) menig befannt, jo maren bod) bie, meiere bie Sntmidclung ber ftunft mit eifrigem Snter* effe »erfolgten, nicfjt lange borfjcr in glänjeuber SScife auf if)n f)inge= miefen morben burd) bie propfjctifdjcn Sporte, mit roeldjen ifm fein Geringerer mic Sdjumann fclbft in bie 9?cif)c ber fdjaffenbcu föünftler eingeführt fjartc. 2öic befannt, fjatten biefe Sorte bei ben einen freubige ßuftimmung, bei anberen aud) ernften unb funfterfatyrenen Scannern, mcldjc fid) in bie ungcmof)ute SBcife ber gleichzeitig Der* öffentlichen erften töompofitioncn nicfjt foglcid) finben !onntcn, aud) Scbcnfen unb SS>iberfprud) l)croorgcrufen ; c§ beburfte, mie immer in foldjen. fällen, einer geraumen 3"*- bte bie Überzeugung, bafj man e§ mit einer felbftänbigcn unb bebeutenben neuen Grfcrjeiuung ju tl)un fjabe, in meitcren Greifen burdjgriff. £cn ftünftfer felbft fallen roir Don jener &tit Qn, burd) feine ber Dcrfcfjicbcnartigen Stimmen beirrt, hctZ flar erfannte >$\d mit feftem Schritte »er« folgen. £a§ äußere Sebcn unferc§ £ünfttcr§ ift, fo Diel un§ üon bem« fclbcn befannt gemorben, äicmlid) glcidjmäfcig Verlaufen. 3of)anne3 53raf)m§ ift am 7. 9)cai 1S33 in Hamburg geboren; fein SSater, ilonfrabaffift im Crd)cfter bc§ bortigen Stabttl)cater§, mar ein auf mehreren Snftrumentcn geübter tüdjtigcr ÜJcufifcr. So in mufifa* lifdjcr gamüic unb Umgebung aufmad)fcnb, entmidelte er frür; fein ungemeine» Salcnt al§ &taDicrfpiclcr, unb c» mieberfjolt fid) bei it)m bie in ber SOcufifgefdjidjte fo oft roafjrgenommene Grfdjeinung. Sein erfter Sefjrer auf bem Snftrumcnte mar D. Söffet in §am* bürg, daneben begann er friilj mit tf)coretifd)en Stubien, unb füfjlte fdjon al§ ftnabe ba$ 23ebürfni§, bem CrganismuS ber $unft= merfe tiefer auf ben ©runb ju geljen ; mir erinnern un§ feiner ©r« järjlung, mie er früf), etje er mit Partituren Derfefjren gelernt, fid) größere Stüdc au§ ben Stimmen in ^artitur fc^te. £ie tfjeore* tifdjen Stubien trieb er bann fnftcmatifd) bei bem Dorsügtid)en, aud) Don Schumann gerühmten ©b. 9ttarjfen in Slltona, ber bann aud) feine meitcre 2tu*bilbuug auf bem fttaDieT leitete. $>a mad)te er benn, uutcrftüfct Don bem zeitig fid) offenbarenben 5] 3ofannee Sra^m«. 323 erftaunlicfjen ©ebädjtmffe, fdjncüe $ortfd)ritte unb Drang in ben ©eift ber flajfijdjcn 9ttcifter frül) unb tief ein, unter meldjen Sad) unb 33cett)ooen toorjl am cntfdjtebenften al§ feine bamaligen SBorbilber fid) be^eidjncn laffcn. 3m 2llter oon 14 Sagten fpieltc er jum erften 2ttal mit grofcem SBcifaU öffcntlidj; auf bem Programme befanben fid) Variationen über ein SMfälicb oon eigener ftompofition, unb e§ ift bcrooräuljcbcn, mic ein befonberä mistiges 9flomcnt in feinem fünftlerifdjen <5d)affcn, bie Hinneigung jum 33 olf »mäßigen, eben» falls fdjon in früt)cftcr 3eü feine SBurjel fjat. 3m 3at)re 1853 ücrlicfj er ba£ Glteraljaus, um ben ungari* fdjen Violinfpiclcr 9? einengt auf feinen ftoncertreifen als ^ianift ju begleiten. Stuf biefer 9\cifc berührte er u. 91. §annooer, ®öt* tingen unb Weimar unb erregte burd) fein ©piet unb feine ftonu pofitiomn bie Slufmcrffamfcit unb Scwunberung öon 5oad)im unb üifjt; bie bc* elfteren namcntlid), als er in ©öttingen bie ftreujerfonate 23ectt)oocn'S tocgen ju tiefer Stimmung beS ®laüier§ ofjne Diotcn ftatt in A in Ais fpielte.*j Siefe ©rfolge OeT* antasten üjn, bie Verbinbung mit bem genannten ®ünftler ju löfcn unb fid) im Crtobcr 1853 mit einer (Empfehlung Soac^im'S ^u Robert 3 d) umann nad) Süffclborf $u begeben. Sr fjatte bamalS ocrfdjicbcue grofje ftlaoierfonatcn, ein Sc^erjo für ftlaoier meiere» bcfonbcrS Sifet'S SBcifall erlangt f)atte) unb eine größere 5InjaI)t oon fiiebern gcfdjricben. Sie Scgeifterung Scfjumann'S, als s£ral)mS bie erften Xöne auf bem ftlaoicr ^atte erlTingcn laffen, roeldje mit jeber neuen SarfteHung roudjS, ift miebcrrjolt gcfcfjilbert; mit üollftcr 3id)erl)cit glaubte er in bem jungen Sflanne ben ju erfennen, auf beffen ©rfdjcincn er lange gewartet. Sn einem Slrtifel ber 9kucn B^i^rift für DJ^ufif, „9Zeue Sahnen" überfdjrieben, fünbigte er ber mufifalifdjen 2Selt bie neue £r(d)einung an; ob« roof)i öfter abgebrudt, bürfen feine SSorte in biefem 3ufammen« rjange mcnigftcnS ber £>auptfad)e nad) nidjt fehlen. „GS finb Sarjre oerfloffen", fdjrcibt er, — „beinahe eben fo oiele, als id) ber früheren iRcbaftion biefer 23lättcr mibmete, nämlid) jcljn — , bafj id) mid) auf biefem an Erinnerungen fo reid;cn Xerrain einmal fjätte Oernerjmen * Zc erjäbtt Dr. Scbubring in ber 2Wg. mufit. 3tg. ben 1868 9er. 6. ia Üftara rerlegt baS ßrcigni« nacb, (Seile unb nennt bie (S=moII=©cnate. 33ietteictyt ift beibes richtig. 324 Dr. $rrmann ©eher«. [6 laffcn. Cft, trofc angeftrcngtcr probuftioer lljütigfeit , füllte id) mid) angeregt; mandje neue, bebeutenbe latente crfd)ienen, eine neue Äraft ber Sftufif fdjicn fidf) auäufünbigen , mie bic§ oiele ber rjocfjaufftrebcnbcn ttünftlcr ber jüngften ßeit bezeugen, wenn aud) beren 'iproburtionen mefjr einem engeren Greife befannt finb. 5d) badjte, bie 33af)nen biefer ?lu§crroäl)ltcn mit ber größten Xrjeil* narjtne ocrfolgcnb, e§ mürbe unb muffe nad) folgern Vorgang ein» mal plöfclid) einer erfdicinen, ber ben t)öd)ftcn ?lusbrutf ber 3eit in ibealcr SBrife aiisgufprcdjcn berufen märe, einer, ber un§ bie 9J{eiftcrfdjaft nierjt in [tufenmeifer (Entfaltung bräajtc, fonbem, mie Sftinerva, gleidj oolliommcn gepanzert au§ bem Raupte be§ ftronion fpränge. Unb er ift gefommen, ein junges 93lut, an beffen Siege ©ra^ien unb gelben 35?acfjc tjieltcn. Gr rjcifct 3ol)anne£ 93ratjm§, fam oon .'pamburg, bort in bunfler ©rille ferjaffeub, aber Don einem trefflidicn unb begeiftert jutragenben £ef)rcr gebitbet in ben fdjroie* rigften Sajjungen ber 5lunft , mir furj oorljer oon einem öeretjrten befannten ÜJfleiftcr empfohlen. Gr trug, aud) im ^iufceren, alle 5ln3eid)en an fid), bie un§ anfünbigen: ba§ ift ein berufener. ?lm ftlaoicr fifcenb, fing er an munberbare iKcgionen ju ent= fjüllen. S5?ir mürben in immer jaubcrifd)crc Streife Ijineingejogen. iaui fam ein ganj geniales Spiel, ba§ au§ bem Slaoier ein Crdjefter oon mcljflagcnben unb lautjubclnben Stimmen madjte. ö§ maren Sonaten, mcl)r oerfdjleierte Smnpl)onicn , — Sieber, beren ^oefie man, oljnc bie Sorte ju fennen, oerftcfjen mürbe, obmot)l eine tiefe ©cfangSmelobie fid) burd) alle l)inburd)$iel)t, — einzelne ftlaoierftüdc , tljeilrocife bämonifcfjer 9?atur oon ber an* mutrjigftcn $orm, — bann Sonaten für SSioline unb &laoier, — Duartctte für Saiteninftrumcnte , — unb jcbe§ fo abmeierjenb oom anberen, bafj fie jebe§ oerfdjiebenen Duellen ju entftrömen fcfjienen. Unb bann fd)ien e§, al§ bereinigte er, al§ Strom barjinbraufenb, alle mie ju einem Safferfall, über bie Ijinunterftür^enben Sogen ben frieblicben Siegenbogen tragenb unb am Ufer oon SdjmetteT* lingen umfpielt unb oon 9fad)tigallcnftimmen begleitet. Senn er feinen ßauberftab bafjin fenfen mirb, mo il)m bie 2ftäd)te ber Waffen, im Gljor unb Crdjefter, irjre ÄTäfte leiten, fo ftetjen un§ nod) munberbarcre 33tide in bie ©eljcimniffe ber ©eifter* melt beoor. 2ftöd)te iljn ber rjöcfjfte ©eniuä ba$u ftärfen, moju bie SSorau»ftd)t ba ift, ba itjm aud) ein anberer ©eniu», ber bet 7] 3c&an«e» Sra&m*. 325 Befdjeibinljcit , innewohnt. Seine SDcitgenoffeu begrüfjen if)n bei feinem erften öang burdj bie 2£elt , wo feiner öiclleidjt Sunben warten werben, aber aud> Sorbcercn nnb Jahnen; wir fjeifjcn itjn willfommen al§ ftarfen Streiter.* — £>ie Berechtigung biefer propljctifcrjcn SSorte Stfjumann'S ju beurteilen , wo$u bamal» faum einer, bei nid)t auf Sdjumann'S $of)c ftanb, berufen war, mödjre jc$t allmätjlid) bie 3C^ gefommen fein. £afe fie für bie Gntfdjlüffe unb bie weitere Gutwitfelung bc§ jungen Äünftlcr» cntfdjcibcnb waren . t>erftct)t fiel) worjl oon felbft ; cbeufo, bafj er bein eblen Sceiftcr. unb nad) bem Xobe be§= fclben feiner ©attin unb 5am^c ein trcu ergebener $rcunb blieb. 9cod) im SBintet bc»felben 3abjre§ fam er nad) Seipjig unb fpicltc bort am 17. Xctembcr öffentlid). Xamalä entfdjloffen ftdj bie 3kr(ag*I)anbtungcn t»on Breüfopf unb Partei unb üon 93. Scnff, feine erften Si'erfe ^u oeröffentlidjcn : brei grofje ftlaoicrfonaten Op. 1, 2 unb 5). ein Sdjcrjo für ftlaoier Op. 4), mehrere £cfte lieber unb Öefange ,(>i». 3, ♦>, 7, unb ein Irio für ftlaoicr, 9Sto= linc unb 3Siolonccll [Op. S , treiben balb nadjljer Variationen über ein lljema oon 9$. Schumann Op. 0} unb 1850 <8allaben für ftlaoicr [Op. I«) folgten. 3?adjbem eT 1S54 uodj einige SSodjen bei Uifet in SSkimar ücrlcbt. in ^annooer unb an anberen Orten Äiigcbradjt unb ücrfcfjiebcne Äoncertreifcn unternommen, naljm er eine Stellung beim gürften r>on üippc Xetmolb al» (Sfyorbirigent unb 33iufiftct)rcr an, weldje ifm wäfyrenb ber SBintermonate bort fcffclte. Gine iljm an ber rfjcinifdjen üiufiffdjule in Äöln angc= tragene Stellung fd)lug er au*. 3cne Stellung ttcrlict) iljm au§= rcidjcnb 3eit unb Gelegenheit . feine tljeorctifdjen Stubien ju üer* ftärfen unb ju derriefen, unb feine Erfahrungen bc^üglict) ber praftijd)en Grforbcmiffc bc* iKuftf betrieb* mit größeren SJcaffen gu bercid)cm. G~ mar unftreitig bie midjtigftc Übergangszeit in feiner Gntwitfelung, eine 3clt emfter Selbftpriifung unb angeftrengten ©tu» biumS. 2Llar itjm in feinen erften Arbeiten ein Übermaß ber Äraftoer» wenbung, eine geroiffe ^ügellofigfcit ber mufifalifdjcn ^rjantafic unb Ükrjd)reitung ber Sd)önl)citMinie in feinen gewagten Kombinationen oorgeljalten warben, wäljrenb ibm glcidj$citig Sdjumann unbebingteS üob jollte: fo jcigte ftfb feine edjte tünftlerifdje 5catur barin, bafj weber unbebingte Sewunbening il)n beruhigt, noct) rjerbere 93e* urtt)eitung itjn entmutfugt, ta^ er unbeirrt ben jefct flar erfannten 326 Dr. §ermann ©eilet«. [8 ÜBeg jum 3^ »erfolgte unb alle etroa anljaftenben Mängel ju überroinben ftrebte. üftit röeldjcm Grfolge, lerjrt bie Serradjtung ber früheren unb ber fpäteren Serie auf3 beutlicfjfte. 'Die übernommene Stellung gab er nad) wenigen Saljren toieber auf unb lebte bann abraecfjfclnb an ocrfdjiebenen Orten, fo in feiner Vaicrftabt Hamburg, bann in ber Sdnucis, wo er namentlich burdj Irjeobor $Hrd)ner'§ Vermittlung einen &rci§ warmer Verehrer fanb; marjrenb einer ßeit Don mehreren Sarjren traten feine neuen Äompofitioncn oon ilnn an§ £id)t. 3m Sanuar 1859 fpielte er in Seipjig fein ftlaoierfoncert fpätcr al§ Op. 15 tjerauSgegeben) otjne Grfolg; 1S60 unb 1861 gab er bie beiben Crcfyefterferenaben l)erau§ unb liefj um biefclbe 3eü oerfcrjiebene ein* unb met)rftimmige 2ieber* fammlungen, Grjörc, £ompofitionen für Älaoier unb für Kammer = mufif (2 Sextette, oon benen ba§ erfte 1862 erfdjien) bruefen. 3n allen §eigt ftd) ber bcmcrlcnswertljefte ^ortfdjritt bes fünftlerifdjen Vermögend unb ber funftlerifcfjen Überzeugung ; 3cr)önrjeit ber $orm unb Älarljcit bc* ©ebanfenä ju erreichen, wirb jefct ba§ unab= änberlidje ©efe$ fcinc§ Schaffen», unb tk ^Ijantafie mufj ftd) biefen Öefc£cn fügen unb ebler iDcafjfyaltung ficf> bequemen. £er grofje Äontraft ber mit Op. 11 £;bur=8erenabe; beginnenben 9?eir)e feiner arbeiten gegen bie früheren, bie beinahe £>at)bn'fd)e er« beef geleitet, jur Aufführung; bie erfte größere Aufführung biefeS feinet bisfjer größten SS?erfe§ , bod) nod) of)ne ben fünften (Sf)or, erfolgte im Tome ju Bremen am 10. April 1868, unb eS machte fjicrauf bie ftunbe burd) bie midjtigften ©tobte £eutf d)lanbS , au* gemein Ancrfennung unb SBcmunberung erregenb. 3n einem tän* geren Aufenthalte in Sonn im Sommer 1868 beforgte er bie £erauS* gäbe biefeS 28crfc§, legte bie lefcte §anb an bie Kantate SRinalbo unb fomponirte mieberum eine größere 3a^ üon Siebern, Don mcltfjen ebenfalls mehrere (Sammlungen (Op. 43, Op. 46 — 49} bei 9iieter*23iebermann in Seipjig unb bei Simrotf in 93crlin er* fdjienen. XamalS rjatte ber SSerfaffct biefer 3"(en bk ^reube häufigen unb anregenben 93crfcrjreS mit bem in ber SSollfraft feines SdjaffenS fterjenben ftünftler. Sfticrjt lange nadjljer ocrcffcntlidjte er bie beiben erften Streidj* quartette (Op. 51), bie 2iebc3liebcr*2Baläer Op. 52, 1869) unb bie 9?l)apfobie nad) ©oetye'S ^arjreife (Op. 53). 9cacf)bem er ben Sommer 1869 mieber in 93abcn*S3aben ocrlebt, rourbc oon neuem 2Bien bleibenbe Stätte feinet SSitfenS, unb fein Sieben ift feitbem jiemlid) gleichmäßig öffentlichem Auftreten, namentlich bel)ufS Auf« fürjrung feiner Söerfe, unb ftetigem Schaffen gemibmet, ju mcldjem er fief) märjrcnb bc§ SommerS ju ruhigem Sanbaufentljalte jurüct* juätetjcn liebt. 3m Sßinter 1870/71 fomponirte er, begeiftert burdj 328 I>r. Hermann 2>titer«. [10 bic fycrrlidjcn ttricgstliaten bcs bcutfdjcn frccres, baS Iriumpfjlieb nad) Sotten bcr Offenbarung 3of)anni3, unb bradjte es Karfreitag beä 3al)rc3 1 87 1 in SBrcmcn jum erfien 2)cal jur ftuffürjrung. 9?id)t lange nad)rjcr cntftanb ba3 Sdjitffalälicb, an Scfjönrjeit unb ?Iu*brutf rooI)l ba» oollcnbctfte feiner Heineren Gf)ormcrfe. Seit bem hinter IST 2 birigirte er in StMcn bie Konccrtc ber „®efctl= fd)aft ber 90iufiffrcunbc". 2£ic in biefen Sa^cn bic manne 2luf= nomine unb Sdjäfcung bc§ Komponiften in immer meitcren Greifen fid) oolljog, fo fehlte c§ aud) nid)t an cljrcnbcn äufjcrcn 5lncrfcn= nuugcn. 2£ir crmärjnen bie begeifterte 5Iufnarjmc, bie er Slnfang 1874 in Scipäig, ÜMär^ bc§fctbcu $af)rc§ in ÜJcündjcn, im ÜJcai in Köln fanb, mo bas lriumpl)licb bal Programm bc§ nieberrrjeini; fd)cn SlcufiffcftcS gierte; basfclbc fam in biefem ^afjre in Breslau unb burd) feinen 5rcun& Stoeffjaitfcn in Berlin jur ?hipf)rung. Ter König Don 33aiern Ocrlicb, irjm beu 2)(a;nmüian«orbcn für ftunft unb SSHffenfefyaft, bic ?(fabcmic bcr fünfte in Berlin crrüärjltc if)n in SSerbinbung mit (Mabe unb fficinedc ju irjrcm au*roärtigcn SERitgliebc; bie prjUofottfjifcrje tfafultät bcr Uniocrfität ju 33rc*lau ernannte ifjn aU ben erften lebenben SJcciftcr in gciftlidjcr Xon= fünft jum Toftor bcr ^rjilofopf)ie. ^ie Tircftion bcr GkfcUfd)aft*fonccrtc gab er 1875 mieber an frerbed ab unb lebt feitbem in unau*gcfct3tcr unb f)öd)ft ergiebiger fcfjaffcnber lljätigfcit, al# beren rjcroorragcnbfte ^rüd)tc mir rool)l mit 'JKecfjt bie beiben großen Sttmprjonicn bc^cid)ncn, oon benen bie erfte G--moli Op. 6S) am 4. 9coüembcr 1S7<> in &arl§rurjc, bie jmeitc (2)*burOp. 73) am 30. Tcccmbcr 1877 in SBHen gum erften 9J(al aufgeführt mürbe. Slufter if)ncn traten tjefbor ein brittc§ Hlaoierquartcrt (Op. 60, 1S7<>) , ein brittc* Streichquartett (Op. 07 , eine Sonate für ftlaoicr unb Öcige [Op. 78 , unb ein 2?iolinfoucert Op. 77 , für 3oad)im gefdnricbcn unb burd) itjn in bic mufifalifdjc 23?ctt eingeführt; Qufjcrbcm neue Sammlungen oon ftlaoicrftütfen unb fiebern. Tic meiften feiner neueren Sadjcn ftnb oon bcr alt* berühmten' Simrod'fdjen girma, früher in 53onn, gegenmärtig in Serlin, oeröff entließt. 3m laufenben 5ab,re 1880 leitete Srafjme in Sonn bic ?luf* fürjrungen, metdjc 311m öcbäcrjtniffc 9iobert Scfjumann'ä bei Ginmeit)ung fcinc§ TcnfmatS oeranftaltct mürben. So ftefjt er gegenmärtig auf einer für ben redeten Äünfttcr 11] 3o$ann<6 83ro^m«. 329 ficrjcrlid) bcncibcnsmertl)cn £)öt)c. ungcrjinbcrt bcr ^^iijeit unb $reube bcä SdjaffenS Eingegeben , getrogen üon bcr begeifterten ©djäfcung nidjt blofj naf)cr greuube unb Scrctjrcr, fonberu aud) weiterer Äreife, überall mit SBärmc aufgenommen, moljin ib,n bie Sarftellung feiner Scrfe fürjrt. ©eine 2£crfe, mctdje jefct bie Cpu§jat)l 70 errcidjt rmben, $u benen nod) einzelne ^ublifationcn ol)ne Cpu§jab,I Ijinjufommen, erftreefen fid), mic fd)on bie obige biograprjifdjc ©fij^e erfennen liefe, auf alle (Gattungen bcr lonfunft mit §lu§natnue ber Som- pofition fürS Irjcater; an Qafy überwiegt bie £ammermufif unb ba§ £icb, an Umfang unb 33cbcutung treten bie großen arbeiten für Gljor unb für Crdjcfter befonbers Ijcroor. Sicfe finb e§, welche in ben legten Sötten bie 33tidc bcr gefammten mufifalifd)cn SBelt in befonber» b,ol)em örabe auf unfern ftünftlcr gelenft, welche in jüngftcr 3^t wiebcrrjolte Sßctfucr)e, feine Stellung in ber Gntwicfe* hing ber Sunft it)m anäuweifen, ücranlafjt rjaben; fo bafj e£ jefct niemanbem meljr möglid) ift, an feinem Schaffen wie einem fremb* artigen unb unocrftänbtidjcn oorüberjuge^en , fonbern jeber, ber oon wirflidjcm fünftlcrifdjcn Sntereffe erfüllt ift, fid) gelungen fiefjt, $u irjm Stellung ju nehmen. Taft oon biefem miftlidjcn 23emüfjen ju berounbernber 5Incrfennung nur ein fteincr Schritt ift, fjaben mir mefjrfad) erfahren; bafj ein jutrcffcnbeS 23erftänbni3 feines Strebend unb ©djaffens fcf)on in weiteren Greifen burrf)gebrungen märe, fann gegenwartig moljt nod) nidjt gefagt merben. Um fo mel)r ift c§ ^flid)t, mit feinen üöerfen in itjrcm ganzen Umfange unb im einzelnen fid) befannt ju madjen, menn man banad) ftrebt, über il)n 51t einem foldjen 23crftänbniffc ju gelangen. 2£ir Ijaben bereite in ber biograpljifdjcn ©fijjc auf ben micf)= tigen 5lbfd)nitt Ijingcwtcfcn, wcld)cr bie 2Scrfe feiner erften 3ugcnb* periobe — fie reid)en bi§> Op. 10 — oon ben folgenben in einer bemerfensmertrjen 22eifc fdjcibct. 2£er fid) rjeutc, ba mir eine reiche Gntwidelung bc§ ftünftlcrä überfeljen, biefen erften Sterten ju» wenbet, mirb fid) bie ^egeiftcrung ©d)umann'3 mofjl erflären f önnen ; ba§ fclbftänbig Stfcne, Qkniaic, ^octifdjc, ba3 au3 eigener un* erborgter ©djaffcneiraft |)crüorftrömenbe, weld)c» Schumann aufju* fucfjen unb ju forbern pflegte, furjum ha* großartige funftterifdje SSer» mögen lag rjier fo überrafdjenb oor, bafe er barauf mit feiner ganjen Slutorttät Ijinmctfcu burftc, alle» anbere getroft weiterer Gntwicfelung 330 Dr. ^tnnann Skher«. [12 überlaffenb. 3n ber Irjat ift bic ©elbftänbigfeit unb ^eutjeit bei Grfinbung, ber 9*eid)tt)um ber SMelobic, ber füfjne SBurf beS Sluf* baue§ großer ©äfce, bie faft fpiclcnbc, naioc §crrfd)aft über ba§ 1cd)ttifd)c, ber tief gefättigte Slusbrutf forool)! leibenfcfjaftlic^er wie ^artcr ßmpfinbung fjier in einem fo überrafdjenben ©rabe oor= tjanben, bafj ber erfte ©inbrud ber fein mufjte: tjier f)aben mir nid)t ben merbenben, fonbetn ben fertigen SReifter cor un§. 2£ir rjaben tjier namentlich bic brei großen SUaüierfonaten unb ba£ ©djerjo oor 2lugen, 2£erfe, roeldje leiber jum Itjeil aud} itjrer großen ©d)roierigfcit megen in tocitcren «reifen roenig befaunt finb. 9)cau bcacrjte glcid) ba§ mudjtigc, ftegreid) cintretenbe Xrjema be§ erften ©a£c» beröNbur^Sonate, auf beffen rt)ütf)mifd)c "Jlljnlicfjfeit mit einem ^cctfyoocu'fdjcn ©onaienlrjcma anbere l)inge;oicfen tjaben ; man bcrradjtc bie Gntroidelung bes ©afcc£, ben fronen ttontraft bess jmeiten unb bc£ britten Irjcma» fdjon f)icr, roie fpäter r)äufig, fpenbet 23raf)m§ au§ feinem 9?eid)tf)um aud) bicfc§), unb fage, roas t)icr an Sigcnartigfcit, 5lu*brud unb 51tangfcr)öHr)cit üennifjt roerbe. öclangt man bann ju ber £urd)fül)rung*pürtie , fo fef)lt c§ benn freilief) nicfjt an ©teilen, bei benen man ficr) fragen mufj, ob nict)t bic Kombinationen allju gemagt, ob nidjt bie ©renje be§ ©djönen buret) grelle Harmonien unb Übergänge überfdjrittcn, bie SRunbung ber ^orm ourd) trjcmatifcrjc Ausführungen, welcfje nidjt in ben Malmten notfymenbig gehören, geftört fei unb bie tf)cmatifd)c ftunft jum 9^ad)tr)cit bc» organifdjen Fortgangs $u fel)r al» ©elbft$mcd auf* trete. Xen äfynlicfjen Giubrud wirb man-oon ben übrigen ©onaten Ijabcn, ber in ^i§*motl, °^e ebenfalls füljn unb grofj beginnt unb in ben beiben legten ©äfcen ju Dotier £öl)e fid) ergebt, mal)' renb ber erfte an ^rägnanj ber 9ttotioe ben übrigen nact)fter}t, ber in g = moll Pp- 5! un0 ocm ^^io in H (Op. 8). 2efctere§ ift in jener erften 3«i ungcbürjrlid) unterfcfjäfct morben unb mirb Ijoffentlid) nod) §u befferer Sürbigung gelangen. 3ludj biefe» S53crf beginnt in eblem unb großem 3uge„ unD D^gt in allen ©ä$en eine %üti.t ferjönfter unb einbrudsoollfter ÜMobif; bas Sdjcrjo erinnert ganj an ©d)ubcrffcr)e Seife unb ftcf)t unferer Sin* ficfjt naef) aud) auf gleicher §öf)e; aber bie angeführten Äenn^eic^cn ber frühen (EntroidelungSperiobe finben ftd) auef) in biefem SBcrfe, befonberS feinem erften ©afce. 9cun roenbc man aber oon ben größeren unb ausgeführten 2lüegrofä§en ben 331id auf bie lang* 13] 3ofy»nne« SSrabm*. 331 famen unb gefaugoollen ©rüde, bann auf bie furgcn ed)ergD'S unb Irio», in bcncn ofjne ttiel mürjfamc» 23eiwerf bcr einfache muft* lalifdjc Gebanfe gur Geltung !ommt unb bie melobifdje GrfinbungS* traft fid) geigt ; wer wirb fid) t)icr bem oollen ginbrude be§ ©eniuS entgierjen fönnen! £>icr geigt ftdj in feiner gangen SBlüt^e ber tief mcnfd)lid) unb tief mufifalifd) empfinbenbe £id)ter, beffen Xon< fprad)e, au bem ginfadjen. Galten unb 93olf§mäfeigen unb an bem Sinbrude ber fjod)ften SMuftcr gebilbet unb cntwidelt, unmittelbar in ben ebclftcn SBeifen fid) ergießt unb bcmgemäfj wirft. 2ftan blide auf bie Variationen ber erften Sonate, auf ba§ <3d)ergo mit feinem wunberrjcrrlidjcn Xrio in ber gi3=molMSonate , auf baZ gang in vBorjltaut gctaudjtc, innigftcr Smpfinbung cntfloffene ?ibagio ber gsmoU«@onate, auf ba§ bereite erwähnte Scfjergo be§ §=bur*Xrio'S, unb man wirb un§ te unb eiufad)=ftrop^ifd)e gönn be$ SolisltcbeS in glüdlidjer SBeif e angetoanbt erfdjemt. SScnn man aud) in einzelnen biefer Sieber an gcroiffen l)armonifd)en Äür^ntjeiten ober einem fjin unb wieber tjeroortretenben Vorwiegen bc§ 2Iu§brudS gegenüber bem 9)Mobifd)cn bie erfte, nod) werbenbe Gntwidelung gu erlcnnen glaubt, fo ift bod) bie grofje 2ftct)rgab,l fo flar, waf)r< rjaft empfunben unb fdjön geftaltet, bafe man rjier einen llnterfd)ieb oon ber fpäteren Spodje nur fdjwer aufgufteüen im ©tanbe ift; 332 Dr. ^ermann Schert. [14 überall gcmarjrt man ein encrgifdjcS Srfaffcn beS SluSbrutfS in feiner ©cfammtfycit , eine fidjere gäfjigfeii bcnfclbcn mufifalifd) ein* t>eitticf) 5U gehalten, ein finuoolleS ^erüortjeben beS auSbrutfSoollcn SBorteS, ofjne §u blofjcr 3)eftamation rjcrabjufinfen , überall, unb baS ift baS SBefentlidje, eine flare unb präeife, oon ber Segleitung unabhängige ©cftaltung ber SMobie in mannigfaltigftem Srjarafter. 2Bieberr)ott fdjreibt er ganj oolfStljümlid) — toär;lt aud) gern oolfS« mäßige lefte — unb bringt bann in fürjeftem Umfange über* raf djenbe SBirf ungen fjerüor ; bann mieber gewahren mir im Grjarafter ber 9Mobie ben ßinflufj ber flaffifdjcn Q6t, unb neben bem 93 e e t * fjooen'fcfjen befonberS ben 5ranä © erjubert 'S, beffen t>on allen fo gelaunten unb geliebten traulichen unb mannen Ion ÜBrafjmS, mic fpätcr fo oft, fo aud) fdjon in biefen erften Sachen anjufdjtagen meifj. £iefe beiben, unb unter ben älteren namentlich 23 ad), er= ferjeinen burd)auS als bie SSorbilber, unter bereu Sinfluffe feine Snbiüibualität fief) entmiefett rjat. Sincn bireften Ginflufe ber neueren romantifd)cn Goocfje unb inSbefonbere Robert ©d)u* mann'», mcld)cr oiclf ad) behauptet roirb, oermögen mir in biefer erften Gpocfje gar nietet ju finben, meber in 2Relobie, nodj £>ar* monie, nod) überhaupt in ber ©truftur ber Säfce unb im 5luSbrude; mir glauben üietmerjr, bafj ber grojje Ginbruct, meieren ber junge ttünftler auf ©cfjumanu ausübte, jum lljcil gerabe barin begrünbet mar, bafc biefem -erroaS neues, fclbftänbigeS, oon il)m unabhängiges entgegentrat, ifnn, bem SJMfter oon fo ausgeprägter Eigenart, meldjer gegen bie Dielen, melcfje il)m nadjafyntcn, feineSmcgS blinb mar. £ajj üBrarjmS bann aud) mit oollftem 33erftänbniffe bem tief oererjrtcn 2Nciftcr fid) näljcrtc, feinen Ginflufc empfanb, ben ©eminn ber neueren Gntraidclung in fein SEefett aufnahm, fomeit.fie ifjm oermanbt mar, ift eine baoon unabhängige SBafjrncfjmung. iSine finnige frulbigung bradjte er Sdjumann, ba er ifnn nätjcr getreten mar, burdj bie prjantaficretcfjcn Variationen bar, mclcfje er über ein Xf)cma aus ben „93untcn blättern" fdjrieb unb als Op. 9 oeroffcntlid)tc. 2lud) Ijier ift cS bie engere ^orm, meldje itjn in ©djranfcn l)ält unb ein atlju üppiges ©ucfjcrn ber ^rjan» tafie auSfcfjlieBt; man mirb eine gefteigerte 9kife in biefem oon poctiferjem 2)ufie anmuttjig burdjtjaucfjten SScrfe erfennen, unb audj bie rjarmonifdjen ftürjurjeücn, meiere ab unb $u begegnen, als eigene artig unb mirffam Ijinnetjmen. 9iameutlid) t>at er Ijicr ben Gtjarafter 15] 3oB bei ifpn nid)t, mie bei oielcn älteren, um meti§matijcfje Sortierungen unb rfjtitfjmifcfje SSeranberungen ber ÜDMobie, fonbem um ©rfinbung ganj neuer SBeifen ju berfelber. Harmonie, roie fte burd) ben 93ajj repräfentirt roirb; unb bafj bie Variation, roenn fie fid} als fett« ftänbige tfunftform erhalten foll, biefen SSeg einklagen muffe, fjaben fdpn Söeetrjooen unb Schümann angebeutet. ßommt nun f)inju eine innere SScjicrjung ber einjelnen Stüde §u einanber, gleid)* fam ein Jperoorroacfjfcn ber einen Sßariarion au§ ber anbern unb ein ßufammcnfctjlicfjen oller ju' einem poetifcfjen ©anjen, fo ift ©elegen* fjcit ju mannigfachen funftoollen ©ebitben gegeben, morin fid) 23raf)m3 aud) fpäter al§ SDicifter bemäfjrt fjat. $u ber erften ^eriobe gehören bann audj roofjl noefj bie 93 al«= laben (Op. 10), oier Stüde für £tat»ier, au§ §auptfafc unb 3mifd)cnfa£ beft?f)enb, boefj in ber 21rt ber Übergänge unb mancher* lei Gnueitcrungen mefjr rrjapfobifdjer ^c-rm fiefj näfjcrnb. 5lu§brutf§* ooüe unb fein empfunbene 9ftelobif unb überrafdjenbe fjarmonifcfye SBirfungen jeic^nen biefe »Stüde au§, aud) bie 23ef)anblung ber tttaoicrtecfmif ift fein überbadjt unb gerabeju oortrefflicf) ; einzelne, all3iijcl)r auf matcrifcfjc iUangmirfung beregnete Stellen, unb ber 3ufd)iiitt mancher allju aptjoriftifd) geformter 9ftotioe fäfjt bie Sni* ftcljitng in früherer 3«t erfennen. 23emerlensrocrtf) aber ift bie Soec be§ 22eric§ fclbft. £a§ erfte ber Stüde roiH ber Überfcrjrift ju* folge an bie fdjottifcfjc Söaüabe „Sbroarb" anfnüpfen unb giebt ge* luiffcrmafscn eine SDMobic ju bem Xejtc, unb är;nticf)eö mag ifjm aud) bei ben übrigen öorfcrjrocben ; unb fo ocrfucfjt er fcfpn rjier gcruiffcnnafscn eine ©rüde ju fdjlagcn jmifdjen inftrumentaler unb oofaler ituuft, ober oiclmcljr auejufprcdjen, bafc ifmi bie SJiufif ofjne SBorte jum mufifalifd)cn 21n»brndc beffen, roa£ ifjn jum Schaffen treibt, oöllig genügt, bafj fie it)m baäfetbe auSbrücft. 9J2it tiefem Steife aber tritt, roenigftcnS roa£ bie s$ubtiration betrifft, jene ^aufe ein, roeldje mir bereite in ber biograptjifcrjen Sti^e ermähnten, oenc Grftlingsroerfe tjatten, roie befannt, bie mannigjadjftcn 23ein%itungen f)crüorgcrufen ; roenn foldje aud) im ©anjen einen genial begabten Stünftler nicfjt beirren roerben, fo mar c§ bod) ein $aä)t:n feiner roaf)rf)aftcn ftünftlernatur, bafj bie it)m gegebenen Sinfe, foweit fie baS 9iicfjtige trafen, nierjt oerloren 334 I*r- ^ermann Deiter«. [16 waren. Sä beginnt bie ßett ftrengfter Arbeit, gewiffenrjafter Sclbft= fritif, unabläffigen StubiumS grofjcr 9)hifter ; man fief)t itjn in beut eigenen Schaffen 0011 jefct an beftrebt, SOJafe ju galten, bem All- gemeingültigen fid) an$unäf)ern unb aller ©ubjeftiüität §err ju werben; Slatfjeit unb $cftimmtl)eit ber Grfinbung, flarer ßntwurf unb Ausgcftaltung ber ftorm, Sorgfalt ber Aufarbeitung unb ge= naucs Abwägen ber SSBitfung wirb jefct mejcntlid) geftaltenbeS ^rin- dp. unb $war in ben erften erjdjcinungen ber neuen ßpod)e ftellen* weife fo entfdjieben, bafj juwcilen bie Sljärigfeit be§ 23erftanbe§ t>or ber fünftlcrifcf)en ^fjantafie öorjuwalten fdjeint, unb juweilen eine gewiffe §erbigfeit ber 2Biriung twr bem reinen ©enuffe über- wunben werben muft. 2«ar c£ ja bod) naturgemäß, bafj bie be- wußte ftcattiou gegen baZ uaiüc feit bcrfclbe geblieben. 23rat)m3' geniale 9?atur ift ju fräftig, um nirfjt immer wieber burefoubringen, unb je weiter er torbringt, befto ebler unb fdjüncr, burtr> bewußte äRaj$attung geläutert, tritt feine Snbioibualität fjerüor. SS ift batjer unmög* lief), nod) einmal eine s$eriobe ftatuiren ju wollen, unb man wirb aud) bei einem Äünftler, ber in ber SoUfraft feine§ Schaffen? fteljt unb un§ melleidjt nod) Ungeahntes bringt, baoon abftefjcn, ben £>öf)epunit biefe§ Sd)affen§ fd)on jefct willfürlid) bcjeidjnen $u wollen. G§ ift oon Sntereffe unb roofjl nid)t jufällig, baß bie erften ücr öffentlichen SS?crfc nad) jener längeren Unterbrechung gleid) bie ooUen SRittel be£ £rd)efter3 unb bc3 Gt)orc3 in Aufprud) nehmen. Sin Crdjefterwcrf in weiten Timenfionen, aber in ber alten, be- t)aglid)cn unb bod) cl)rwürbigen %üxm ber ©crenabe, wie fte SKojart unb SBcetbooen nod) anwanbten, madjt ben Anfang: bie ©ere< nabe in D für grofieS Drdjefter üp. 11), etwa 1S59 entftanben, 1861 erfdjienen. Ter ©runbjug biefeä 22erfe§ ift Sinfadjfjeit, 3art- fjeit, fd)lid)ter 23ol)llaut; wie ber ftame fagt, foU burd) anmutig fjeitere, jcber 2cibenfd)aftlid)feit frembe Xöne ba§ ©emütt) erfreut unb gcfeffelt werben, ©djon biefeä 23erf mag jeigen, wie ftrenge ©etbftprüfung bie Urfprünglid)feit ber Srfinbung in nid)t§ jurüct- gebrängt, aber fie geläutert fjat. Son bezaubertem fjeit ift ber erfte ©afc; nur fonnte bie £urd)füf)rung§: partie bie Spur ber ©ebanienavbcit nid)t ganj üerwifdjen. einzelne 17] Spanne» Sra^m«. 335 93raljm§ eigentümliche 3% finb fdjon f)ier §u bemerien ; fo wenn er in ber 2Biebcrl)olung be§ XfjcmaS bie Heine ©cptime ;gleid)fam an bic natürliche Xonfolge erinnernb) fjinein Hingen läfct unb mit ir)r bie Xonart ber Unterbominante ; fet)r oft tjat er buret) biefe§ SJcittel überrafcfjcnbe SSHrfungen erjiclt. 2Jud) in ber ©eftattung ber aufjer* Ijalb ber eigentlichen Gntwidclung fteljenben ßoba geigt er ftctj fdjon r)ier unb oft in neuen unerwarteten Kombinationen eigentpmlicr) unb fdjBpferifd) ; roie in Sftcbclbuft üerfcfjwinben tjier bie garten unS oorgcfüfjrten ©cbilbe. SRobj rjöljer ftellcn mir ba§ erfte ©ctjerjo mit feinem Xrio, ein 3uwel fdjöner 9Mobif unb feiner Tetaitarbeit, mie bie neuere S Hilft wenig äbjnlidje aufjuweifen fmt; unb fo biirfen wir aud) bie übrigen ©ä|e. unter benen ba§ gweite 8a)er30 ftarf an 93ectf)OOen anflingt. ol)nc $ragc bem jarteften unb funftt>ollftcn, na* wir in biefer ©attung Ijaben. beijätjlen. ©ine imponirenbc fomprjonifcfje SSMrfung ift weber gu erwarten nod) be* abfidjtigt; in ber regten Umgebung aber muft btö aud) mit feiner Kenntnis inftritmentirte 2£crf unfehlbar feinen ©iubruet machen. 3Son glcidjcr fd)fid)ter ?(mnutrj, formell nod) abgerunbeter unb in ben 93(Otit>en nod) Mürjcnbcr unb rcigtwllcr ift bie gweite 6ere* nabe in A 'Op. 1(5), für Heine» Crdjefter ;ol)ne Violinen] in fünf ©äfjen gcjdjricbcn. 9Jcan glaubt f)ier — wie aud) fonft wot)l bei 23rab,m* — bie 3d)ubcrt'fd)c üRufe wieber erwedt gu fetjen, nur freilief) ausgeftattet mit jener SDtofjrjaltung, bie wir in ben größeren arbeiten bc* twn übcrfprubelnbcm SdmffcnSbrange getriebenen SEienet SföeifterS fo mand)c»mal oermiffen. Tie ftüüe ber 9)cclobi! in biefem Skrfe geigt fief), wie in allen 3ä£cn, fo bcfonberS in bem legten ©a$e, ber uns gnerft in luftigen Taumel üerfefct, im gmeiten Xfycina aber, ba wir au§ruf)cn, wie warmer $riif)ling3* tjaud) anwel)t. Gin gart träumcnbcS 'Seinen r)at er im Hbagio glücflid) ausgubrüden üermodjt. fieiber finb bic beiben ©erenaben aud) jefct nod) oiel weniger befannt, al§ fie oerbienen. Tiefen beiben, wenn man will in leidjtcrcm Stile gefdjricbenen 2lr« beiten tritt ein gang anbcr§ geartete^ 22erl gur Seite, meld)c§ wir ber Äonccption ber SJcotiüe nad) geneigt wären in eine frühere 3e^ 8U r>erfet»en , wcld)c3 aber bic fdjönc 9?unbung unb ©ruppirung ber ©ä£e unb itjrer ?lbfd)nitte unb ber burd) leine gewagten Schritte geftörte, unauf()altjamc $luf5 ber Smpfinbung ber neuen 3en hu' weift — bas Älaoierloncert in T^motl (Op. 15). §ier waltet WtufOüX. »ortTfigf. n. 27 336 Dr. ^ermann 2>eiter*. [18 frcilid) ein, t>on bcm fonnig^citcrcn Gfjaraftcr ber Scrcnaben ganj t>crfd)icbcncr ©eift. 5n großem ©tilc angelegt, ift ba§ 2Berf Don leibcnfdjaftlid) büfterem ßuge bcljcvrfdjt , ber fid) fd)on in bem un* l)cimlid) milben anfange anfünbigt, roo \>a$ l)cftig cinfc^cnbc Xfjema un£ glcid) in ben erften Xaftcn in entlegene Xonarien rjinrocgf üb,rt ; in fd)öncr, faft bramatifdjer Gntmidclung werben wir bann burdj ©rregung, unruhige ipaft, tiefe «läge ju 23crul)igung unb Hoffnung l)ingcfül)rt, wo benn ber ftomponift wieber allen 3oubcr be§ 2£ot)l= HangS jnm ?lusbrudc tiefer ßmpfinbung ausbreitet. 9^ocr) merjr weife er un» burd) ba£ wunberbare 5(bagio mit feiner lidjröollen äMobif unb feinen, man möd)tc fagen, fcfjincljcnbcu Harmonien ju erwärmen, burd) ba* fräftig gcbruugcnc finale ju ergeben. 3roei 53cmcrfuugcn finb c», roelcrjc nod) an biefe» in ber neueren ftoncert* littcratur ganj einzig baftcl)cubc 2Bcrf fid) anfdjlicften ; erfttid) bafe c» bei allem ©lan^e unb aller Sdjwicrigicit ber ftlaüicrtcdmif boch/ nie ba§ £crüorfcl)rcn ber ^irtuofität ift, wcld)c» al§ maftgebenb auf* tritt, bafj ba» ttlatücr nie blofe leere iUaoicrpaffagcn burdjfüfwt, weldje nur um i()rer fclbft millcn \>a finb, foubern als Xrjeil be§ ©an5cu mit bcm Crdjcftcr fid) in bie gruublcgenbcn öebanfen ttjcilt. ßwcitcnS aber tritt in ben 9Jiobulationcn ein gau$ bcutlidjcr 5tn= Hang an bie bcm ^cctrjODcnticrcrjrer fo befouber* liebe fpät=23cct= l)onen'fd)c ^eriobe l)cnwr, jener Ion cinbringlidjcr Snnigfeit unb Stürme, weldjen 93ral)iu§ in allen feinen fpätcren Werfen mit fo befonberem Ginbrndc an^uftimmen weife. SJScr irm t>cr[tcr)cn, naef) feinen SDZuftcnt forfdjen will, wirb fidj oon ber Übcrjengung buref)- briugen muffen, t>a$ er feinen ber früheren SJceiftcr fo gan$ in fein 22cfcn aufgenommen fjat, roie ^ectb.oöen. 2i>ir l)abcu mit ben Csuftrumcutalmcrfcn ber jmeiten Gr>od)c begon* neu unb fc£en unferen ®ang burd) biefclbcn fort, inbem wir juuäc^ft bie arbeiten für incrjrftimmigc itammermufif erwärjucn. 3U weiterer 9ieife unb Sclbftänbigicit fortgefdjrittcn crbliden mir iljn in ben bci= ben ©ejtetten für ®trcid)inftrumcnte [Op. IS 33=bur, Op. 36 ©=bur ; unaufljaltfam brid;t t)icr bie fdjöne Snbtoibuafität burd) bie ftrenge ÜDcaferjaltuug in ber formellen ©cftaltung burd). ÜRit ebeter 2i>ürbe — mir fagen mieber anftanb*lo§, 33cctb,ot)en t»crgleici)bar — fc£t baZ Irjcma bc» erften £ejicftS ein; in oollcm reinem 2öol)lrlange, in l)übfd)cn Üontraftcn cntroidclt fid) ber Safc unb bringt ein ^weites Xl)cma in meiten mclobifdjcn Sdjrittcn non fo ibealem ©ctjmunge, 19] 3o$annee Crafon«. 337 fo fiegcSfrcubigcr 3ur»erfid)t, bafj man fid) millenloS bem SReije be$< felben fjingicbt. 2öir wollen aud) tjicr beS T)urd)füf)rungSabfdjnitte§ befonbcrS gebenfen, in meinem mir ebenfalls ein* gefteigerte 9?eife gemalten. £iefe Slbfcrjnittc. bei SDio^art befanntfidj meift nod) ferjüdn" unb furj bcl)anbclt, finb feit SBcctfjoeen ber Xummclrjtafc für finnüolle tfjcmatifdjc Arbeit, 93crfTcd)tung unb Verarbeitung ber §auptmoriüe unb irjrcr SBcftanbtfjeile. §lbcr gerabe 93cctl)ot>en fjatte biefe W)* fdjnittc fcincSmegS nur als groben ber Äunft bcljanbeit, fonbern als Gntnütfclung ber ganzen in bem 2£erfe bargefteüten ©eelen* bemegung, unb befonberS in ben größeren ber ©nmpljonien (man benfe an bie Groica) tritt fjier aus bem ßufammen* unb ©egen« cinanberarbeitfu ber 9J?otit>c eine organifdje Steigerung bis ju einem .ftörjcpunftc beS SluSbrudS ober beS töonftifts ein, aus roetdjer bann tangfam bie Söfung erfolgt unb jum £muptfa£e jurücf geleitet roirb. $ral)mS folgt fjicr burdjauS bem t>on iSeetrjooen aufgehellten SOJnftcr ; man ficltf roie bemüht er ftrebt unb ringt, an biefen ©teilen baS roaS er auSbriitfen will, in Übcrcinftimmung mit ben ©efefcen ber ©d)önl)cit unb beS GbcnmafjcS auszubilden. 2>ieS ift ifjm in bem ^-bur=3cr;tctt trefflief) gelungen, mä^renb man audj in bem feiten ben plüftlid) baljcrbraufcnbcn ©türm, welcher über baS fonnige öeftabc fäljrt, balb roieber ücrgifct. 2£ir fönnten meit* läufig fein, um in biefen beiben SBcrfcn bie ©teilen au^ujietjen, in rceldjen beS iiomponiftcn Gigcnart beutlid) unb cinbringlicr) ju uns fpridjt. 2ikr fann fid) bem Ginbrnde beS ergreifenb mannen loncS cntjiefjcn, ber in ber Goba beS erften ©afccS beS 93*bur* ©crjcttS angefd)lagcn mirb, unb begeifterte Eingabe an baS r>or« gcftclltc vsbeal fo cinbrtnglid) jum 51uSbrudc bringt! Grfcfjliefjt fid) biefer ©a£ bem unbefangenen £örcr fofort, fo nerlangt ber beS ® = bur = ©cftctt§, UKldjcS ftuitcr f)crüorgctTctcn ift, ein liebeöolIereS Gingcrjen, melcrjcS ftcf) aber bann ber feinen unb finnigen detail* arbeit in l)ot)em ©rabc erfreuen mirb. £)er üon SBrarjmS oft an« gemanbte, rafd)c SScdjfel ber Xonarten, ber unS rjier fcfjon im britten lafte naef) Es, iiicfjt lange fpätcr nad) H fütjrt, um baS immer roicberfefyrcnbe G unS, fümbolifd) auSgebrücft, als ben tyU matlidjcn 23obcn empfinben ju laffen, mag anfangs frembartig be« rühren, mie ebenfo bie furjen ben £>auptfa£ gcftaltenben Sttotioe in il)rcr funftüollcn 5>crflecfjtnng unb ©cgenüberftellung , bis bann im feiten, gefangooUcn Xrjcma bie ^reube beS £afcinS über bie 27* 338 D»- $enn«ui Spätere. i*° uubeftimmten (Sinjetcinbrücfc fiegt unb fortreifet. SS ift ber Ion- bitter, ber Ijicr fpricfjt , ber anS ein finucnbeS, oon ^b,antajie= bilbetn angeregtes öcmütf) jagt, bestrebt, auS feiner SnneTlidjfeit fid) aufzuraffen unb in fräftigem Gntfd)luffc in ein ootteS Sieben fid) $ü tragen, roo benn freilief) neue Unfidjetfjeit unb Unruhe nidjt ausbleiben fann. SSir trollen aber in foldje XeutungSt>erfud)e . bie immer be- benflid) finb, nid)t tiefer eingeben. 3u ben langfamen Säfcen ^at er in beiben Serien bie ifmt fo beliebte gorm ber SSariation ge- mäljlt, in beiben mit übcrrafd)c:iber Originalität. 3n bem elften ift cS befonbcrS baS im cmftcn 9#arfd)tcmpo cint)erid)reiteube, burd) cncrgifd)e l)armonifd)e tfortfcfjrcitungen mirffame 1b,ema, roaS unS feficlt; im jmeiten aufjer bem in einfachen Cuartengängen auf= tretenben 1t)cma — nric benn ^rariinS' SMobif fid) gern ber ein* fadjften f)armonifd)en gortfdfreitungen bebient — befonbcrS bie lefcte, auS ber 9JM= in bie Surtonart rjinübcrfüf)rcnbe Variation, rocld)c uad) rocierjer ftlagc unb trübem Truct unS mit einer ^üllc berau- fd)cnbcn SSofjIlcmtcS umgiebt. TaS Sd)crso bcS erften SertcttS übcrrafdjt burd) glüdlid)cn ^brutf feder übermütiger 2aune, unb $cigt in feiner htappen Sorm, baß baS Übermaß ber früheren Spocrje völlig übcniuinbcn ift. 3>on größerer Originalität ift ber entfprc= d)enbe 3al3 in bem jincitcn 2Berf mit feinen t>crbricf3lid)en , eigen- finnigen 9Jiotir.cn, aus benen ein bcrbcS ©atjerttjema als Irio baS Öeinütl) ücrgcblid) aufzurütteln fud)t. £ie beiben finales fdjließen bie SScrfe ju poctifd)cr Ginfjcit ab; baS'bcS erften, in feligfter ?ln* mutt) unb ftuf)e fid) crgcljeub, läfjt fid) in feinen fd)ön gebauten SDcelobicn, ber ganjen Struttur ber Üionboform unb ber Söefianb- luug ber Stimmen roicbcruin nur auS 53cctl)Oüen'fd)cm Sorbilbc, »Clin man benn ein folcfjcS fudjen will, ableiten; baS bcS lefcten. funftreid) gcftaltet, mit bem SluSbrude bemühten StrcbenS unb SollcnS, jcigt unferem ©cfüfjte nad) eutfd)icbencr bie (spuren ber ©ebanfenarbett. 535>ir bürfeu in bie übrigen Serie bcS Raumes wegen nid)t ouSfül)rlid) eingeben, unb tjcben nur Ijerüor, roaS unS als unferem SRciftci cigcntl)üinlid) crfdjcint. Sir crroätmcn bie brei Quartette für itlaoier unb Strcid)inftrumcnte , bereu crftcS (Op. 25, ö-moll) in feinem erften Safcc mieber eine, faft möd)te man fagen ju grofec Sülle melobifdjcn GkljaltcS, babei eine munberbare ttunft tb/ma- 21] Charme« 93ra^m8. 339 tifdjer Verarbeitung jcigt, ben §öf)connft mclobifdjcn föcijeS ober in bem gntetme^o mit bem Trio erreicht. ÜJian liört Vralwiä, bei bem ©cbanlc unb $r)antafic ja immer in lebenbigem Vereine arbeiten, oft aU ferner oerftänblicf) bc^eid^nen; wer baZ befonberg betont, muf? bod) ©tüde, roie biefeg Quartett unb befonbcrS feine äftittel- fäfcc gar nidjt fennen. Unb wen wirb bie Genialität bc§ föonbo alla Zingarcse mit bem feden breitaftigen 9\f)t)tt)mu§ nid)t ergreifen? Ta* erfinbet fein ©cwüt)nlid)cr, t)ier erfennt man ben 2ftcifter, ber bie nationale 2£cifc an iljrcm Urquell belaufdjt r)at unb wieber* giebt. 3113 langfamer Safc roirb in biefen unb ben folgenben SBcrfen nidjt mcl)r bie Variation, fonbern roieber ba§ auf lieb» mäfcig geformter DJWobie aufgebaute ?lbagio üerwenbet. 2>cm trüben, ftellcnmcije Hagenben ©runbjugc bc§ erften Quartetts tritt ba§ j weite Quartett »n A- [Op. 26) burd) mcfjr freunblidjen, tjeü teren, im ©djlujjfafce auSgelafjen fröl)licr)cn Gljarafter gegenüber. 5lud) l)icr nbcrrafcr)t ber 9\cid)tl)um mclobifdjcr (Srfinbung; man bcadjtc, wie rjier gcfdjicljt, ma§ D. 3n^n au 9Jco$art rürjmte, wie an ber Stelle wo man ben Scrjlufc erwartet, plo^licf) ein neues fclbftänbigc» SÖcotio oon unnadjäfjmlidjer 3lumutt) rjertjortritt. $)ie Aufarbeitung überragt an 3rinfjcit unb Gleganj ba§ erfte Quartett; namentlich ift bie* rjinfidjtlid) ber Snftrumcntirung ber $afl, in weldjer in bem erften oiel!cid)t eine 311 grofjc Tonfülle, ein ju ftarfer Entlang an ordjcftcrmäfjigc 53cl)anblung bcmcrrt wirb. ^a§ britte Quartett G=molI Op. 60], ber ftoneeption nadj wofjt jicmlidj glcid^citig mit jenen, bod) erft in ben legten Saljrcn veröffentlicht, ergebt fid) wieber 511 tragifdjcm ^>att)0» unb läfct in ©rfinbung unb tcdjnifdjer SBeljanblung wcfcntlict) gcftcigcrtc Steife erfennen. Ter tief gebrürftc, bunflc Ion, mit fdjmerjlidjer Klage, mit würjlcn* ber üeibenjdjaft gemifdjt, im erften Sa£c geigt ben ©eelcnmaler, ber über bie 9D(ittcl feiner fiunft uubcbiugt üerfügt. 3m 5lbagio umfängt unS einmal bie fclige Träumerei ber romantifdjen 2Belt, au§ ber nn§ bie raftlofc Bewegung bc» lc£te§ ©a£c» oljnc (Erbarmen wieber jurüdruft. liefen SSerfcn ber Sammcrmufif gefeilt ficr) weiter ba% Xrio für fttaoier, Violine unb §orn :©§=bur Op. 40; unb bie ©onate für SUaoicr unb Viotoncell (S*molI Op. 38). 3n bem erften, weldjc» burd) glütflidjc Vcrwenbung einer fcltcncn Kombination oon gnftrumenten iutcreffirt, unb worin er ben üollcn frönen Älang 340 Dr. ^»ermann ©eitert. [22 bc§ 2Balbf)orn§ roieber ju gfjrcn bringt, üerfud)t er im erften ©afce eine neue gönn in bem SBcdjfel eines träumerifd) finnenben nnb eine* bewegten, lebhafterem aufraffen barfteüenben Xfjeile«. Slud) barin ift 23cctf)ODen üorangegangen ; man benfe an bie Senate Op. 54. Sn ber Sonate bietet namentlid) ber fugirte lefcte ©a£ in ber Serbinbung breier fernen ein SKciftcrftütf fontra» punfriferjer ßunft, roclcrje aber audj tjier ber mufifati|cr)en ^^antafie feinen ©intrag trjut. £en ^örjepunft biefer 1f)ütigfeit für ftammermufif fjat S3raf)mä in bem Quintett für Staoier nnb ©trcid)inftrumente in frmoll (Op. 34) erreicht , rocldjeS unferer Meinung nad) alle äfjm liefen Grfd)cinungen ber neueren ßeit, ba§ rjerrticf)e ©d)umann'fd)e Quintett nidjt aufgenommen, an Sebeutung überragt, ©rofjartig angelegt, üon I)ocr>patf)crifd)cm StuSbrude, oon reifer Srfinbung nnb ^ontafic, lefjt ba§fctbe ebenfo treffenb ben Xon ftoljer fieiben* fdjaft unb Snergie errungen, mie e§ roieberum, namentlid) in bem Slbagio, burcr) bie unocrgieicpdje Snnigfeit unb SBärme bc§ £one§ bie Steife bc§ „fpätern" SBcctrjooen uns nafje bringt. Namentlid) aber ift bie Siilntfjeit unb ber ebte ©dttnung ber Üttotioe bc§ erften ©afce§ (ber nneberum in feiner toeiten 3(usbcf)nung ta§> öotl ent* nudelte britte Ifjcma bringt; burd) nichts in moberner ÜRujif über» boten, Surdjfürjrung , ftüdgang jum Ifjcma unb ©djlufc meifter* fjaft. £a§ ©djerjo, in feiner Seröinbung oerfd)icbener Keiner ©äfce ganj oon ber f)ergcbrad)tcn gönn abmeid)cnb, überrafdjt ebenfo burd) ben Stadium ber SKotiöc ; Unrur>, §cftigfcit, ftolje ©iegeS* gejpifetjcit erfüllen abwedjfclnb ben ringenben ©ctft. £a§ finale, burd) einen oon erregter Spannung erfüllten langfamen ©afc ein» geleitet, leibet oicüctcrjt etroaS an ber gütlc bei ©toffe§ unb toirb weniger rafd), roie bie früheren, bem Scrftänbntffe fid) öffnen. — $rar)m§ fjat biefeS SSkrf augleid) als ©onate für gm ei ftlaoiere t)erau§gegeben. Ebenbürtig, unb bod) in mandjer £nnfid)t roieber ganj eigen* artig treten tiefen SBerfen brei ©treid)quartette jur ©cite, bie beiben erften (e=moU unb 21*moli Op. 51) fd)on oor einer grö&eren rau§gegcben. £a£ ©treid)quartett gilt ja mit föedjt als bie 9?lütr)e ber reinen Snftrumentalmufif ; fjier roirb nidjt burd) Waffen SSirlung erhielt, unb fo erhalten tüotjt ausgeprägte 2Kotioe 23) 3cfrmne6 ©ra$m«. 341 ergiebige ©clcgcnljcit , in funftüoUcm SSedjfcl jttnfdjcn wenigen ab* gcgrenjtcn Snbtüibuatitäten iljren ©cfjalt §u offenbaren, unb feinerer Xccrmif roirb reiche Gelegenheit geboten, fid) gettenb ju madjen. Xem grofjcn SDfufter, wcldjcs rjier namentlich Seetrjooen aufgeteilt fjat, fcfjliefet fieft Vrafjms als mürbiger Kämpfer an, unb offenbart feine mclobifdje %üüt, feine ungemeine fiunft ber 2JJobulation unb bes Sa^baues in mieberum ganj neuer Steife. ©leid) bas erfte ift mieber ein reief) ausgerottetes Stimmungsbilb ; unmutiges 23er* jagen, tcibenjd)afttid)cs Slufroatlen burd) alle Nuancen f)inburd) bis gu finftercr ßntfdjlofjenfjeit in ber Goba geigt ber erfte Safc; fetm* füdjtigc Süderinnerung, gepaart mit tief laftenbem £rude bie roun* berbare Somanje; eine tangfame, jagenbc Grabung, röcl'dje nur üon fern ben £>offiumgsftern crblidt, ber britte mit feinem ganj bie Jnbiüibualität bes Slünftlcrs 3eigenben 5:bw>Xrio; neues fräftiges Singen ber etroas fnapper gcftaltete lc£te Safc. Sem männlich ernften, büftern Singen biefcs cigcntfjümlidjcn Xongcmälbes tritt in bem 5{=moti=£Luai1ette rociblid) roeicfje, fd;mcrjt;cr)e ftlage unb 23itte gegenüber, meldte im erften Sa^c in bem einfachen, bod) fünft' ooü ociarbcitctcn £aupttt)ema unb bem rül)renb bittenben streiten tief gefättigten 31usbrud erhält. Hoffnung mit Scfignation roecfjfelnb crgicfjt fid) in bem gcfangoollen ?lbagio, ernfte Sammlung, unter* brodjen burd) lebhaft pulfirenbes £ebcn eines ^wifdjcnfafceS, im gdjer^o, marfige Äraft unb neu errungene 3ut>erficr)t im legten; fo bafj für ben mit Siebe cingcljcnben bie üier Säfce fid) ju beut' lidjer poetifdjer (Einheit sufammcufdjliefjcn. £asfelbe roirb man audj in bem legten Cuartcttc oerfolgen fonnen, roeldjes eine mefjr l)clie unb Ijeitcre ©runbftimmung jcigt, rcirlj an ^r)antafie, an feinen 3ügcn ber Xctailarbeit ift, freilid) aud) bie Spuren flügelnbcr öebanfenarbeit nicfjt ganj t>cnr)ifcr)t fjat. Jpicr übercafdjt in rrjtitrj* mifdjcr £unfid)t bie SBerbrnbung ocrfdjiebcner laftarten im erften Sa£e. £as Slbagio ift mieber ganj SSorjHaut unb Scrjroärmerei; bie laiiärljntljmeu bes britten Sa^cs muttjen frembartig, pfjantaftifd) an ; bie überaus rei^enben , lunftrcidjcn Variationen , meldte bie Stelle bes legten Safrcs oertreten, unb beren 2f)cma in feinem furzen Verlaufe ein SDcciftcrftüd ber ftoneeption unb ÜDcobulation ift, für)rt uns ganj auf ben Voben fricblidjcn Smpfinbcns jurücf. 9?od) ein fcljr liebeusmürbigcs 2i>crf für ftammcrmufif tjaben uns bie legten Saijrc gebracht, eine Sonate für Sllaoier unb 342 I>r Hermann Etitcr«. [24 (Beige in G (Op. 78). 3n bcm breiten % lafte wiegen un£ bie fünften, cbcln SDcotioe bcS erften *£a^cö in eine feligc 93ef)aglicf)feit ein, einen 3llftano ruhigen fjoffnungSoollen ©lüdeS otjnc irgend weldje Xrübung. ©rnftcre Xönc bringt baS Slbagio; unb bei lefcte Sa£, in weldjem bcbeutungSooll ba% Xrjcma eines früher !ompo= nirten iHcbcS oerwenbet wirb (bc£ Gegenlieben Op. 59 , fcfjeint jagen gu wollen, baf; jener guftanb be» ^riebcnS nic^t mef)r ift, bafj er nur in ber föütfcrinnerung criftirt, baf? oon bemfelben *Ib= fcfjieb genommen werben unb cruftere Veftrcbungcn, ibealerc £off= nungen ju oerfolgen ftnb. ©o [inb wir ju ben legten unb größten ftomoofitionen oon SrafjmS auf bcm inftrumcntalcn ©cbiete gelangt, ben Crdjcfter* fomuofitioncn, 511 beneu er fid) fdjon burc^ bie Serenabcn ben SBcg gebahnt, aber erft in ben legten Sauren fief) jurücf gewanbt I)at. Gin originelles unb feinfinnigeS 2S>crf mad)t rjier ben Anfang, bie Variationen für Crcr)c[tcr über ein lljcma oon 3- £anbn (Op. 56 , ba§ einbaute au§ einem Tioertimcnto für Slasinftru* mente; gcfdjricben finb fic im Sommer 1673 ju Xufjing am Starn* berger See, am 2. 9ioocmbcr bcsfclbcn 3al)rc§ in 23icn juerft auf» geführt. Variationen für Cvdjcftcr rjaben befannttier) audj £anbn unb 23ectl)oöcn gcjdjricbcn; bafj fic für fid) auftreten, mag jum erften SDcale gcfdjcfjcn. Vcrmutljlid) würbe 23ral)mS burd) ben cigcntrjümlicfjcn fünfteiligen 9?t)t)tl)mu§ bc§ and) fonft anmutigen If)ema» angezogen. Seiner bereits gefdjilbcrten SJcctljobc entfore* djenb, bietet jcbe Variation für fid) ein jelbftänbigeS Stimmungs* bilb, wobei bie ü^ben bc» CrdjcfterS trefflid) benu^t werben. 2)eT rjäufige ©ebrauef) ber Molltonart ift cfjarafteriftifc^ ; aujjer anbeten, feinen tecfjnifcfjen 3u9cn intereffirt namentlid) ber ausführliche Sajlufjfa^ mit ber immer wicberferjrenbcn Vafcfigur, welcfje bann audj onn anberen 3nftrumenten aufgenommen wirb unb ju ber bie üppigfte üDiannigfaltigfcit oon 9J(otioen unb Figuren fid) gefeilt, bis in unaufhaltsamem, feierlichem 3U9A *n welkem Xriangel unb ^iccolflöte in ganj eigcntt)ümlid)er Söeife ben ©lanj crrjörjen, btö Stürf ausflingt. Xurdj bie beiben grofjcn Snmprjonicn, buret) weldje er langjährige Hoffnungen feiner Verehrer in glänjenber SBeife erfüllte, f)at fiefj VratjmS nun ganj auf ben SBobcn ber 2?cctt)oüen'fd)en äunft geftellt ; er rjat gezeigt , bafj es nicfjt gelte, bie 5onn $u jerbredjen, 25] 3cbann« Srabme. 343 ma§ aud) 93cctf)ot»en nidjt gewollt — iljm genügte, trofc neunter Stjmpljonicf, aud} fpäter nodj bic reine Snftrumentalform — , fon» bem fie mit fcfbftänbigcm ©eifte ju erfüllen, liefen aber ju oerfterjen unb it)n nad)jufüt)len , wirb cä licbeoollen StubiumS ber 2Serfe bebürfen, ma§ nun einmal ber wafjre ftünftler niemanbem erläßt. £ic er fte Sümptjonie Op. G8 G=molT f erlägt einen f)od)» patfjetifdjcn Ion an. SBärjrcnb 23rarjm§ fonft cinfaef) unb !tar be= ginnt unb erft im Verlaufe fcrjroierigcrc Probleme Iöft, empfängt er uns fjier mit fcr)riüen 2>iffonan5enfolgen , bem Silbe einer aufge* regten Seele, bie nad) mutanter 33cruf)igung in ein SeereS blieft unb fidt) nur gagenb an einen bennodj |it faffenben (Sntfcfjlufj ge* roorjnt. .'gier tritt juerft im Gintcitung*fa£e langfam, bann al§ rjerrfdjcnb im 31llcgro ein fnr^e», mcfcntlidj fjarmonifdjcä Xrjema ein , auf ben erften 3lublid ungewörjnlid) fdjlidjt , unb bod) toenri man ficf)t mic e§ überall rrcibcnb, gcftaltcnb eingreift, in feiner tiefen Scbcutung beutlid) unb fidj energifd) cinprägenb. 97ocr) merjr toirb man überraferjt, roenn man in bem Ijoffcnb fiel) bjebenbcn feiten lljema mit feinen djromatifdjcn Sdjrittcn ein 9ftotit> miebererfennt, mcld)c§ bem .^aupttrjcma fdjon cinlcitcnb oorangegangen mar unb basfclbe im 23af; begleitet; unb t>a festeres bei bem jmeiten lljcma ebenfalls in ber unteren Stimme bcglcitcnb auftritt unb bann mit bem anberen rocdjfelt, fo blidt man rjicr, bei ber 2ftannigfaltigleit ber 21i}sfüt)rung unb pfndnfcfjcn Gntroidclung, in eine Ginfad)l)eit ber ftoneeption unb ber gcftaltenbcn Momente, bie gerabeju in Grftaunen fe$t. ©anj organifd) unb mit rounberbarer ftunft ift t)icr bie £>urd)= fürjrung geftaltet, ber 9?üdgang jutn anfange gewaltig unb grofe, ber Scfjlufj ju immer gefteigerter ftraft fid) Ijebcnb; man fürjlt unmiü* fürlid), bafc bei allem Unmutl)c, ben ein mibcrroärtigcä öefdjicf erregen mag, ein fefter SSMllc fjicr maltet. Tafj in biefem Sa^e Don ber d)romatifd)en lonfolge unb ben auf fie gebauten Harmonien reief)- lief) ©ebraud) gemaerjt mirb, ift erflärlid), unb geigt, bafc 93raf)m§ bei aller fünftlerifcfjcn Strenge bie in bem lonmatcrial gebotenen Slusbrudsmittel ba oerroenbet, mo fie paffen. Umleljrungen unb 23erboppelungen ber STCotcnrocrttjc bc» lljema» treten mieberljolt un* gefuerjt ein. SSon bem 3au&cr &er Siomantif erfüllt ift ba£ einfach beginnenbe, bod) oon innigftcr Gmpfinbung burdjroef)te, gefangüotte Slbagio ; fjicr finb bie färben bc§ fpätbcetfjoüen'fdjcn SiileS meifter« 344 I>r- £cn legten Sa$ , ben £>öt)c4)unft be§ 2£crfe§, leitet ein gemidjt* oolIc§ 3Ibagio oon fjocfjtragifcrjein 2lu§brurfe ein; naefj langer Spannung fefct ba» £orn mit ber großem lerj entfdjcibenb ein, beutet bie fiöfung be§ ftonfliftS an, unb nun tritt in roatjrfjaft granbioi'cm 1f)cma ba» Megro ein ; t>on allem ©lan§e be§ Crd)cfter§ ift biefer Scrjlufjfafc getragen, ber nad| allen Stampfen, ßmcifeln, Hoffnungen bie SiegcSftimmung malt unb wie ein Xriumpfjjug üorüberfdjreitet. 3u biefer, mit 9?cdjt fjcroifdj ju nennenben Snmpfjonie oer= tjält fid) bie jmeite Op. 73, £--bur , mie eine anmutig gemobene SDcärcfyencrjiit)lung §u einem großen (rpo§. ?lHc» atrjmct f)ier f)ettc= re» unb frotjcS Verjagen, ein befriebtgte« £afein otjne Kampfe unb SDcifcflänge, roenn audj nicfjt ofjne Ü£ünfd)e unb ?lfjnungcn. $rifd) unb fror; Hingt ^u Slnfang baZ frorn tjinau§, forbert jum ©cnuffe ber fdjöncn 3cit auf, fo ba§ balb aUel cinftimmt unb fid) §u froher 2uft, ju innigem ©cfange oereinigt. 5rcm^ar^9cr ntutr)ct das ?lbagio in ,f)=bur an; eine furje Vorbereitung, in mclobtfcfjcm 2)?o* tit? bc§ Violoncelli enthalten; ferne, alinung^oolle Üiufe bc§ Vlä* ferefjor», benen bic Äantilcnc jagenb. immer roieber beginnenb, ju taufd)cn fcfjcint; mir glauben, ber lonbidjtcr rjat rjicr ein Sctyroanfen unb 3a9cn c^ner frembartigen Grfcf)nnung gegenüber, melcrje bcn= nod) unmibcrftcrjlidj lodt unb ruft, in biefem ganj eigcntfjümlidjcn Safcc, ber in feinen fdjöncn ttlangmirfungen, in feinem rt)t)tt)mifd}cn ü&cajfcl ganj oon SJcärdjenbuft burdirocrjt ift, abfidjttidj barftellcn moüen. 3um öoücn Uebcn menbet fid) oon ber traumhaften Vifion ha* ©emütt) jurücf, ein rjeitcrc» lünblidjcS 2£>al3crtf)cma jicrjt ba§* felbc an, enegt freilief) einen momentanen Slufruljr unb SSibcrftreit ber öcfüble in ben beiben, freie Variationen bc* Irjcmas enthalten* ben 3roM'^)enfö^en ; nodj ift bas £03 befangen unb nid)t frei, um fid) ganj Ijtnjugcbcn. Ta* gcfdjtebt erft in bem glänjcnbcn legten Safce, ber roieber an bem Dollen Zubd eine» bewegten 2cbenS tt)eit= netjmen läfct. Sn biefen beiben bieder größten onftrumentalrocrfen unfereSftünft= lers mürbe man nad) beT tcdjnifdjen Seite rjin gcroifj nod) reichen Stoff finben, bie Äunft VrafjmS' $n ftubiren. Un§ burfte c§ tjier 27] 3o$anne« Srafcms. 345 nur barauf anfommcn, bcn ßinbrurf bcrfclbcn, fo furj e§ eben ging, mieberjugeben. 2lls Drdjefterroerf in größerem «Stile fcfjliefjt fid) noef) ba§ Violinfoncert (Op. 77) an, nicfjt blofj bei Xonart, fonbem aud) ber ©runbftimmung naefj mit ber jroeiten Stompfjonie oermanbt. SSietöofjl bie Sotoüioline alle Seiten fcfjroierigfter Xed)nif jur ßntfaltung bringt, bient fie boef) neben biefem mefjr äufjerlicfjen Momente roefenttiet) ber Xarftcllung einer poetifcfjen Sntcntion. Xa§ S53er! ift eben für Soadjim geblieben. Xem Schaffen für größere Kombinationen oon Snftramenten gerjt bie ^robuftion für ba§ eigene §auptinftrument, ba»SUaüier, jur Seite, jcbod) nicfjt in bem Umfange, mic man nad) bem erften Stuftreten ljättc erroarten follcn. Sonaten für Klaoicr fjat 23rat)m3 feit bcn breien ber erften Gpodje nidjt mclvr gcfdjriebcn ; bagegen pflegt er mit Vorliebe bie {(einen 5°nncn Der Variation unb be§ einjel* neu Klaoterftütf* unter öcrfdjicbcncn Scjcidjnungen. S5?ir fjaben fdhon ber befonberen Stellung gebacfjt, mctdje er ber Variation burd) fclbftäubige Grfinbung auf bem ®ruube ber burefj bie Harmonie ge- gebenen ©runblage unb burefj ©ruppirung unb innere Sejictjung ber einzelnen Stüdc JU cinanber gcg'cbcn, unb roie er fie fo jum Slusbrucfc einheitlicher tünftlerifdjcr Sntention gemacfjt fjat. (So finb bie beiben §cftc, bie als Op. 21 crfdjicnen finb (Variationen über ein eigenem unb über ein ungarifdjeS Xfjema; ganj eigen* artige SBcrfc : erftcre burd) baZ entjüdenb fcfjöne unb manne Kolorit Vranms fdjer £armonii, lefcterc burd) bcn Sccfjfel be§ 3/< unb */4 XatteS im Xf)cma; märjrcnb auefj bei bem au*brud*oollen. in 2Bof)l* laut fdjroelgcnbcn Xrjcma ber erften burd) rfjtitrjmtfcrje ?lbroeid)ung 4 unb 5 Xaftc) ber Shtöbrucf gehoben roirb. 51n biefe (Hgentrjüm* lict)!citen mirb fid) je^tj lein finniger §örer ftofjen unb ücrfucfjen, ma§ gcrabe burd) feine Gigcntljümlidjieit intcreffirt unb roirft, nad) alltäglichem SDkfcftabc ju meffen. ©ine ^ßrobe iontrapunftifcfjcr üJkifterfcfjaft giebt VratjmS in ber fünften Variation bc§ erften §eftc§, meldte al§ Kanon in ©cgcnbcmcgung gcftaltet ift. 3n bem jmeiten roirft ber fofortige Übergang nad) bem Xljcma in bie 2ftou% tonart übcrrafdjenb, merjr nod) bie glüdlidjc Vcibcijaltung bes fremb* artigen, fagen mir alfo ungarifdjen Kolorits. £öf)er ftcfjen bie Variationen über ein £)änbel'fd)c§ Xrjemc (Op. 24); mir rjaben fie irgenbroo als chef d'oexivre ber neueren Klaoiermufif be$cidjnet gclcfcn, unb roüjjtcn bagegen nicrjtö begrüß 346 !*'■ €>ernianu 2>titer«. I28 bctcs rinjuwenben. Xk überaus vcid)c ^ülle ber Grfinbung in ben einzelnen dummem [cS fiub itjrcr 25; wirb gefrönt burd) einen genialen, bod) frei bcrjanbcltcn gugenfafc, beffen Ttjcma frei au§ bnr. fränbel'fcrjcn crwädjft; an SOZannigfaltigfeit unb ©lang ftcfjt biefem ©afcc faum etwas, neuere* gleid). 3n anbercr 2£eife anmutljenb, glcid)fall§ rpdj oollcnbet fiub bie oicrljänbigcn Variationen über ein Secuta öon 9\. ©d)itmann [Op. 23) — jenes- 2f)ema, t>on mctdjem ber SKrifter in icinen legten on $r. Sdjubert gcbrad)t. 9?icmanb wirb fid) beim Surd)= fpiclcn ber Variationen, im Vcmufctfcin bicfe§ Saftums, ber tiefen 9iüt)rung erwehren tonnen, weldje bicfcS pietättwllc Cpfer für ben fo rjod) t>cveljrtcn ütteifter einflößt. Tic Variationenform bient l)icr reinfter unb ebclftcr s}>ocfie, bie uns in bem ganzen SScrfc umfängt, befonberä aber an jener Stelle, mo bem öefüljlc tiefer £cere über einen uncrfcfclidjcn Vcrluft Variation 4) ein ebler, ibealer Stuf* frf)Wung folgt, bie frol)c Hoffnung, bafj neue* Sebcn au* ber 2lfd)c erblühen roerbc. liefe SEMrhtug erzeugt and) ber Iraucrmarfd) am Sdjluffc, bem fid) ba§ 1t)ema fd)ön gefeilt. Unb biefc arbeiten finb nodj immer nur engen Streifen befannt ! £a§ Ic|te Variationcnmcrf öon Vraljmä für ftlaoier, bie Va = riationen über cinlrjcma uon ^aganini in jwei felbftän- bigen heften, Op. 35 er fpicltc fie in SBien 3lnf. iS67j ift, was bie äußeren Mittel anbetrifft, ba* grofsartigftc unb prädjtigfte; roie ber anbere Xitel „Stubicn für ^ianofortc" fagt, foll basfclbc gleich jcitig inftruftioem 3wctfc bienen, unb in ber Iljat roirb basfclbc nur burd) Spieler t>on cmincntcftcr Xcdjnif bewältigt werben, tonnen. Xie Vcreid)eruug, weldje bie tflaöicrtcdjnif burd) Vrafun*. erfahren rjat, unb mcldje genauer ju verfolgen unferer 5lbfid)t fernliegt, tritt l)ier an einem leudjtcnbcn Veifpicle oor Stugen; bie weitgriffigen ^affagen unb t)armonifd)cn öänge, bie Verbinbung oerfd)icbcn^ artiger Bewegungen, *a* lunftoollc Verbergen ber SJMobie in be= wegtem gigurenwerf, bie Übertragung ber <£ott)pl)onie aufs ftlaüicr - ^auptjüge ber Vrarjins'fdjen ledjnil — bringen auefj r)icr neue übcrrafdjcnbc SSirfungen rjeroor, wäbjrcnb man suglcid) innerlich berührt unb fortgeriffen wirb oon ben balb prjantaftifcfj fd)weifen= ben, balb tief metobifdjen ©ebilben, welche I)icr ein feltfam ein» fad)e§ 1t)cma rjerttorbringt, unb weldje burdjwcg oon tiefem Gruft, oon madjtüoüer (Energie burdjbrungcn finb. 29] 3cbonnc« ©rar,m$. 347 liefen großen, ja ftauncnSrocrtfjen arbeiten läfjt er bann gu« nädjft, wie gur Srtjolung, eine ^Reifje leichterer folgen, in benen feine melobicreidjc ^fjantafie nur nod) tjelier leuchtet. SSer liebt uidjt bie tticrliänbigen SBaljer (Op. 39)? SBelctje gütle uner* fcr)ö^fticr)cr, rciufter SDcelobif, melcr)e ftunft ber f)armonifd)en ©truf* tur, meldje geiftoollc 23crroenbung biefer flehten unfdrjcinbaren $orm ju ben anmutf)igften SSMrfungen, balb roeief), träumerifd), balb ftolj unb fed, jc^t roilb pfjantaftifet), bann aud) roieber emft unb melan* djolifd). $icr fpridit ein £crrfd)er im !Reicr)e ber SJMobie; mir fönnen ein anbersroo gebrauchtet 2Bort auf fie anroenben: mer an biefen SBlütrjcn tl)cilnaf)mlo§ öorübergefjt, ift roofjl für 9Jcufif überhaupt nid)t gefdjaffen. 9?od) populärer ftnb bie „Ungarifd)cn Xänje" geroorben, nationale ÜDMobicn ungarifdjer ftomponiften, roetdje f)icr in bem ©croanbc moberner ftfarjicrtcdjuif oou bem SÖceifter unb Kenner be§ 3nftrumcnt§ cor un§ treten unb irjrcn pljantaftifdjen 3au^^ rot* falten*). G» Ijat fid) an bicfclben eine ferjr müfjige Äontrooerfe über bie ?Iutorfd)aft, ja fogar ein Zugriff gegen ben töomponiftcn gefnüpft ; bie ifjn ausfpradjen, Ijabcn nict)t geferjen ober nicr)t fefjen mollcn, bafj ba» 2Bcrf feine Cpu*§af)l trägt unb e§ auf bem Xitel anSbriitfltd) fjcifet: gefegt oou 3- 23ral)m§. Ten beiben, bereits früljcr crfdjiciiciicn fteften tjaben fiel) jüngft jroci meitere angefdjloffen, roclcfje mieberum einen munberbaren 9icidjtl)um an Originalität unb Äunft offenbaren. Tic früheren Imt er, aufjer für ftlarjier, aud) für Crdjcfter bearbeitet. 3n neuerer ^t'xt ift er jnr fttaoicrfompofition in crroaS gröfee« rem Stile jurüefgefcrjrt. Tic S „tttaüicrftüde" (Op. 76) jeigen alle 3iige feinet Stils foroof)! in £infid)t auf Grfinbung al§ 9luS< arbeitung in ooller ^rägnanj. Unter ifmen merben mctjrere burd) Ginfad)l)cit unb ungefünftette manne Smpfinbung unmittelbar bem Cfjre unb bem ©emütrje fid) nähern unb einprägen; e§ ftnb bie als Sntcnne^i bcjcicfjnctcn, unter benen bcfonbcrS fler. 3 allen ßauber moberner £annonif entfaltet. Tie übrigen, als Gapriccio'3 be^eief)» neten madjen es bem Spieler unb £örer fernerer, finb aber ber ©r- finbung nad) bcbcutcnbcr, mie er benn aud) in iljncn feine rt)t)trjmifcr)e *J Xie äcmt-ontftcn ber £riginal*2)Jelc-bien finber man in b«r Mgenuinen SRufif. 3tfl. Den 1S74, ©. 346 oufgejci^iwt. 348 Dr. Hermann Leiter«. (30 unb fontrapunftiferje ftnnft, bic er fpiclcnb bcl)errfd)t, in llmfcfjrungeu ber fernen unb ^iguren, 9>crboppelung it)rcr 9?otenmertl)e, unb 33crbinbung ticrfd)icbcnartigcr rt)t)tr)mifd)er Bewegung fpielen läfet. 5ür bas beftc Stüd ber Sammlung galten mir bas jmeite in §=moü. £ie beiben jüngft crfdjifncncn 9il)apfobien für SUaüier (Op. 79) möchte man faum fdjon jc£t abfdjlicfjcnb beurteilen. 2)ie 93c^eic^= nung läfjt eine freiere, ballabcnartigc ©cftaltung crmarten, unb bie 2)cannigfattigfcit ber Slftotiüc beftätigt bas; aber t>on föegellofigfcit ift feine Spur, bie )$oxm ift ftreng unb feft cntmicfelt. ©runbjug ift fjerbe Strenge, in ber jmeiten ®=moll) ein beinahe finfterer ©ruft; nad) ßrfinbung unb ?lu*fül)rung finb beibe f)od)bcbeutfame Srücfe. 25ir liabcn melirf ad) ber aud) in ben inftrumentalen ftompo* fitionen ^ur ©eltung fommenben fontrapunftifd)cn ttunft gebaut unb muffen fjicr nod) einer furzen Arbeit ermähnen, mcldje, menig ht- fanut gemorben, t-iclleid)t bas glänjcnbfte 33cifpicl ift, roie er ftreng* ften Stil mit märmftcr Gmpfinbung ju paaren meifc: bcrCrgel* fuge in Gcs^moll, rocldje er im 3af)rgang 1S<>4 ber allgemeinen 9Kuf. Bcitung (9fc. 29) als Beilage t>crüffcntlid)t l)at. Gin ein« fadjes 1l)ema mirb in ber streiten Stimme (als ©cfä^rte) fofort umgcfcf)rt; basfclbe gcfd)iel)t mit ben bcglcitcnbcn Stimmen unb einem fpäter rjinjutretenben djromatifdjcn Trjcma, unb fo mirb bei ftrcngftcr leermif, inbem eine ftill gcfafjte Stimmung $u intenfinem ?lusbrudc gelangt, ein flcincs ituuftmerf gefdjaffen, meldjes feinen 5lugcnblid im ßmeifel läfjt. bafe ber ttomponift alle berartigen 8uf* gaben fpiclcub bemältigen mirb. £as füllte er benn als öefangs* fomponift üorjugsmeife bartrmn. £ie Grmartung Schumanns, baft bem jungen Stünftlcr, roenn iljm bie großen Waffen bes Gtjores §ur Serfügung fielen merben, nod) grofcc Lorbeeren roinfen merben, l)at fid), mic man jefct benn bod) mol)l fagen barf, in übcrrcidjlidjcm Sftafce erfüllt. 3n eben jener ßeit, H er burd) Stubien unb ftrenge Selbft* Prüfung gereift unb geläutert mieber Ijeroortrat, beginnt aud) feine 2I)ätigfeit auf biefem ©ebiete, unb füfjrt il)n in ftufenmeifem ^ort= fdjritt $ur §öl)e. 9ftand)e ber früheren arbeiten bürfen als Stu* bienmerfe, namentlich im geiftlid)en Stile, be$cid)net merben; fie geigen ebenfo fcfjr bie ©cnialität mie ben eifemen Spillen, mit toel* d)cm er ber für biefen Stil überlieferten frrengen formen fid) ht- macfjtigt unb in allen ©ebieten feiner Äunft bie ^errfdjaft ftrf) ju 31] Scanne« »rafcm«. 349 ficfjern bcftrebt ift. Sie jctgen, rnas oft nidjt beachtet mirb, bafc feine größte Schöpfung auf tiefem ©ebiete, bas beutfd)e 9?equiem, feinesroegs orjne 33orftufen ift, fonbern Sdjlufjpunft einer bemufjten unb naturgemäßen Snrroidelung. SSMr bemerfen nod), ba§ biefe Heineren geiftlicrjen ftompofitionen, fo fefjr fie bie 93ejeicfjnung als rcligiüfe SJcufif oerbienen, meift morjl nid)t beftimmt ftnb, beim ©ottesbienfte gefungen §u roerben, fonbern nur ben 2lusbrucf ber burd) ben Xejt rjcroorgerufcnen Gmpfinbung in rünftteriferjeT 50rm roiebergeben roollen. Sn biefer ar;rf)cit ber Stimmung in I)of)em ®rabe aus ; bie fort« mäl)rcnbcn lerjenfolgcn, roelcfjc bei aller t)armonifd)en Shinft bod) ben ßinbrud bes 9?atürlid)cn unb ftunftlofen machen, fd)einen einen ibealifirten SSotf^gefang ausbeuten. Sas ©an^e ift ein rein em= pfunbener ?lusbrutf bcmütl)ig öcrtrauensrioücr Sitte, mit ooller ^in* gebung bes ©cmütrjes an ein SBefen, bem man fid) nafje fürjlt. Grnfter unb bebeutenber ift ber Begräbnisgefang (Op. 13) für Grjor unb 33lasinftrumcntc , ju bem Xcrte: „9?un lafjt uns ben £cib begraben". Sic einfad) toürbigc Xonmeife, ber SZusbrud tiefen Sc^mcrjc» in ber Begleitung, ber Übergang gu Raffung unb Hoffnung, alles mit ciufadjcn Mitteln in ebler 9Jca£f)altung ausge* brüdt, machen biefcs 2£crf rccfjt eigentlid) §u einem Vorläufer bes Requiems. $n ben SOtarienlicbcrn (Op. 22), roclcfje faum nod) al§ gciftlidjc ilompofitionen gelten fönnen, roirb eine Sln^cit)! älterer beutfdjer Sicbcr, roie fie bie legenbarifdje 93cl)anblung ber Marien« oerctjrung t)croorbrad)te, in ebenfalls altertrjümlidjcr, an Gccarb unb feine ßeit erinnernber Söcifc oierftimmig bctjanbclt. Sie Seifen finb bem 3lusbrucf unb Sirjrjtlmius ber SBortc möglicfjft angepaßt, bie Griuucrung an mobeme ÜDtclobic oermieben, bie t)armonifcf)e 93e- l)anblung eine einfache unb ftrenge, möglicfjft nur bes Sreiffangs fid) bebienenbe; bod) bcroegl fid) innerhalb ber fief) felbft gefegten Sdjranfe ber ftomponift mit großer ilunft unb Slnmutl). Sie Sßerte ber Sammlung ift rootjl „SÜcaria's &ird)gang*. Sas folgenbe tjicrjer gehörige Stüd, ber 23. ^ßfalm („§err mie lange millft bu mid) fo gar oergeffen", Op. 27) für breiftim« migen ^rauendjor mit Crgcl, ift rccr)t eigentlich als gciftlidje SOtufif aufjufaffen; tjter mag ber ftomponift t>ictleid)t aud) an eine mög* 350 "Dr. §ermann ©cttcr«. [32 licrje ?luffüf)rung in ber Stird)e gcbadjt fjaben. 2Iud) rjier gewahren mir ftrenge 9#af5f)altung unb oölligen SSer^idjt auf bie reiben Wlit-- tel. mit benen j. 23. Dccnbclsfoljn bie Äompofition bcr ^falmen ausstattet; mit möglicrjfter (Sinfacfjfjeit mirb bie (Smpftnbung ber in itjrer Bcrlaffcnrjcit unb £nlf*bebürftigfeit bittenben Sdjar jum 5lu*brudc gebracht. 9?cbcn bcr Strenge altfird)lid)eT SBeife bricht bod) aurf) t)ier bcr Ion inniger SDärme, ber Brafjms fo entfdjieben djarafterifirt, ftellenrocife bcrDor. @anj auf ben Siegen 93acr)fc^er polnprjoner ilunft begegnen mir tfjtn in ben beiben Motetten für fünfftimmigen gcmifcrjten Gfjor a capella pp. 29). "Da trifft man auf alle bie fünfte bcr $uge mxi Umferjrung unb Ber* längerung bc* Xrjcma*, be» £anon§ unb ma§ barjin gehört; in ber ©rfinbuug gehaltvoller 9ftotioe aber, im 5lusbrucf ber Söorte unb in bcr 9ttobulation ift bcr fiomponift ganj er felbft unb man barf feinesroeg* Don bloBcr 9iad)arjmung fprcdjcn. Ta§ cntfpredjenbe Urtbcit fäücn mir über ba* @eiftlid)e Sieb oon s$. ^feroming (Op. 30 für oierftimmigen gcmifdjten Grjor mit Crgel ober ^iano* forte, in meldjem bie Stimmen einen Toppelfanon burdjfürjren, ju einer fclbftänbigcn, in fünften (hängen fid) ergerjenben Begleitung bc» Jnftrumcnt*, wcld)c ben ?lu*brud inniger ßuocrficfjt, ber rjier mit cinfadjen Dritteln l)crtiorgebradjt mirb, r)cbt unb oerflärt. 3U nod) größerer Strenge menbet er fid) in ben brei geiftlidjen Gljörcn für tfrauenftimmen obne Begleitung (Op. 37), ju Iatei= nifcfjcn Icjtcn ; fein unb fauber ausgeführt, werben biefe (Xbjöre einen bem *^alcftrinaftilc etmas äljulidjcu Sirtbrud macfjcn; für Brarjms' Schaffen bürfen mir fie als Stubicn im ftrengften Stile beseidmen. 253ie febr aber biefer Stil fein Streben reijt unb bcfdjäftigt, fjat er nod) in jüngftcr3cit betätigt burd) bie beiben Motetten Op. 74), mcldie mol)l bas funftootlftc finb, mas er in biefem ftrengen Stile gelciftct. £ncr ift bie (Erfüllung alter gorm mit neuem ©eifte in berounbcrungsroürbiger SSeife Donogen. Bon biefen an Umfang weniger ausgebeizten arbeiten menbet fid) ber Blid bem beutfdjen Requiem Op. 45' ju unb mufj bei bcmfclben etmas länger ocrmeilen, ba biefes SüSerf feinem 9J?eifter am entfdjiebenften im Bcmufjtfein aller feine Stellung gegeben f)at. 2Sie oben bemertt, mar basfclbc jum Ibjeil 1667, in größerer BoU* ftänbigfeit 1S6S juerft aufgeführt morben. £ic erfte Gntftetjung eines folgen Serfes in ber Seele bes ttomponiften entjie^t fitt) 33] Scanne» ©ra$m«. 351 natürlich bcr Kenntnis, unb ob es eigene ßrlcbniffe roaren, bie ifjtn bcn Impuls gaben, roürbc er nur fetbft j agen fönnen ; für uns ge< nügt es, barauf f)in3uroeifcn, bajj er einen ©egenftanb geroäfjlt, ber fein innere» fo ganj erfüllte, bafj er ifjm bie rjöcfjfte $ätjigfeü feiner ftunft bienftbar machte. $>ie Selbftänbigfeit feiner S3ef)anblung jeigt fd)on ber üftatne „bcutfdjes Requiem", für ben ftrcng am SBorte ^aftenben nidjt jutreffenb, ba Requiem bas lateinifdje Xobtenamt bcjeicrjnct. 33ral)ms bat ficf) (man bcn!e übrigeng aud) an bas „Requiem für SJcignon") bcr grcifjcit bebient, bas Sort tum ber Seseicfmung ber lobtcnmcffe auf bie allgemeinere einer feierlichen gciftlicfjcn Irauermitfif ju übertragen unb ficf) fo aud) für bie mu* fifalifdjc Xarftellung eine größere $rcit)eii gefefjaffen. 3m latei* nifcfjen Requiem ift mit bcn fonftant gegebenen lejtesro orten, ju benen roefentlid) aud) immer bas Dies irae gebort, bie ®runb* ftimmung im ©anjen oorgeseicfjnct, bie bes Grnftes, bes tiefen Scfjmerjes, bcr ßcrfnirfcfjung über mcnfcfjlicfjc Sftidjtigfeit, ber Grroar* tung oon lob unb ©crid)t; fie rjerrfcfjt im 9Jcojart'fc^cn, mefjr nod) im Grjerubini'fd)cn Requiem, unb aud) moberne SJceifter, roeldje, roie 9i. Schumann unb ^riebrid) Siel, bas Requiem roieber fomponirten, roaren, roenn fie aud) bcn milberen unb fubjeftioeren Ion bes mo* bernen Stile» anfdjlugcn, bod) burd) bie 25orte gebunben. 3m ©egen* fafce $u ifjucn fjat fid) 33rat)ms feinen Tcjt felbft sufammengeftellt ; roie befannt, fjat er aus bcr 23ibet eine größere ^In^af)! oon Stellen ausgerollt, rpclcfje ficf) auf Xob unb ^scnfcitS bejicrjen, unb bicfelben fo oerbunben, baf$ ficf} baraus abgerunbetc unb rooijtgcglicberte muft* falifcfjc Sä£e gcftaltcn ließen, in beren 3ufammcnfc£ung unb ®ruppi« rung Gntrotdetung ber Stimmung unb ftontraft fjeroortreten fonnte. Tabci erhalten benn bie bem Requiem junädjft eigcntt)ümtid)cn $or* ftcllungcn ibjrcn üollcn unb intenftoen 2(usbrud; inbem benfelben aber jebcsmal, fei es in bcmfelben Saljc ober in bem nachfolgen« bcn, bas ©cgenbilb bes Xroftcs, bcr Grgcbung unb Hoffnung, bes Xante» unb £obgcfanges gegenübertritt, roirb eine milbere unb oerföljnenbcrc 3Iuffaffung bcr Iraucrmufif in bem beutfcfjcn Requiem jum 3tusbrude gebracht. £as 25>er! verfallt befanntlid) in fieben einzelne Säfce für ßf)or unb Crcfjcfter; im 3. unb 6. tritt ein 93aritonfolo, im 5. ein So« pranfolo fjinju. ©runbftimmung bes erften Chores ift fcfjmerälid)' emfte Älage (Sftartf). 5 „Selig finb bie ba £cib tragen", ^f. 125 w$)ie «sjiliiL Sortröge. II. 28 352 T>t. Hermann 2)eiter«. [34 mit Ifyräncn fäcn, rocrbcn mit ^rcubcn ernten"), oon ergreifenbem ?tu§brutfc ber Hoffnung unterbrochen. £cr jmeitc Gf)or ift reicher; ju trüber ÜDtclobie eine§ Xobtcnmarfd)c§ gefeilt fidj ber Gfjor im Sinflangc, mic ein büftcrc§ 23crl)ängni§ cinfjergcljcnb („$)cnn alle£ %U\\6) ift mic ©ras" u. f. fo., Scf. 40, 1 $crr. 7. 24), burd) einen milberen üDcittclfa£ unterbrochen „fo feib nun gcbulbig". Seif. 5, 7) unb in turpem Übergange ju fugirtem ©djlufjdjore überlcitcnb (Scf. 35. „'Sie Grlöfctcn bc§ $crrn rocrbcn roicbcrfommcn"). 3m britten £f)ore bringt ber ©olift in angfttroll erregter, büftcrer Steife baS ©efül)l ber 9M)tigfcit bee mcnfd)lid)cn £afcin£ jum ?(u5brude (^f- 38. „|)crr, lefjre bod) mid), bafj ein ßnbc mit mir f)aben mufj"), roeldje ber Gtjor bann aufnimmt unb burd)füf)rt; bie 6m= pfinbung gcljt über in örgebung unb £cmutl) (,,?fd) roie gar nid)t§ finb alle SDfatfdjen*'), Verlangen, Unfidjcrljcit, cnblid) feft üertrauenbe 3ut>crfid)t 2Bei3f). 3. 1 . „ber ©crcd)tcn Seelen finb in ©ottc§ £>anb"). £c£tcrc Sporte finb in einem, auf ununterbrochenem Drgelpunftc ge= festen ^ligcnfafec burdjgcfürjrt, über roclcfjen mandjc ftritifer be§ Requiems 51t ftofycrn fdjciucn ; roer it)n fo tjort, mie ilm orjite 3rocifel ber ftomponift gebadjt tjat, r«on satjtrcicr) befeuern Gfyore, mit mafjooller 53cf)anblung ber Snftrumcnte, mirb fidjerlid) neben ber üollcnbctcn fonfrapunfrifdjen ftunft ben SfaSbrucf fefter 3ut»er= fidjt in einer in feltcncm ©rabc gelungenen 2£cife barin finben. 2)urd) milben Graft unb rocidjc Slnmutf), neben roeldjer bie Söürbe be§ ©egenftanbe» feinen 51ugcnblid ucrlaffcn roirb, oerföljnt roieberum i>aZ oierte Stüd (s^f. 83 „2£ie licbfid) finb beine SSJofjmingcn") , rocld)c§ aber ebenfalls roieber in fd)cinbar leichtem ©croebe eine ^ülle ber itunft birgt. Qn ibealcrer §of)c l)cbt ben £örcr ber fünfte dl)or, in roeldje mgleidjfam eine l)öl)ere Stimme üerfünbet, bafj Xroft ber gegenroartigen Trauer folgen roerbe (3of). IG. 22 „Sfyr Ijabt nun Xraurigfeit — ", Sirad) 51, 1 3 „Scfjet mid) an"), roorauf ber Gf)or einfach, in rüljrenbcr Steife antwortet : „3d) will cud) trö* ften, mie einen feine SDcutter tröftet". £cr fedjftc Gfjor ift ber £5f)e- punft be§ 2Berfe§. $n bange, crroartung-üolle Stimmung einge- führt (£>cbr. 13, 14 „benn mir tjaben f)ie feine bleibcnbe Statt") t)ören mir oon ber Soloftimmc bie Sßcrfünbigung ber 51uferftef)ung (I. ftor. 15, 51 „Siel)e id) fagc cud) ein ©cfjcimniä") unb e§ be- ginnt nun im Gl)orc, oon afmungSüollcr SBieber^olung bc§ 23er* fünbigteu eine ftufenmeife Steigerung bc3 2luebrud§ big ju milber 35] 3cbannr« 8ra$m«. 353 ©lutt) („benn e§ wirb bie ^ofaune fd)atlen"; „Xob, roo ift bcin ©tacfjei") ; unb gcrabe fjicr, mo bcr gan^e (Sturm ber ©efüfjle entfeffelt ift unb ein Überbieten faiim möglid) crfcrjeint , greift bic SReifter* fjanb bc§ ftomponiften ficfjer ein; ein fcrjneücr SEcdjfel be§ Stfjtitt)* mu§, ber Klangfarbe, bc§ Xcmpo'3, unb mir finb an bcr ©rufe ber Gntmidctung angelangt, auf meiere trofc aller ^raftennriefelung ba§ Vorangegangene nur Einleitete (Dffenb. Sofj. 4, 11 „£crr, bu bift mürbig §u nehmen ^rciS unb ßtjre unb 5lraft") . Xer nun fol= genbe, in glänjenber 2>oöpetfugc aufgeführte Sobgcfang fonnte frei« tid) ben Sd)lufj bcr Xraucrmufif nidjt bilben; ber ftomponift füt)rt in einem legten ruhigen Grjorc ju ber Xrauerftimmung jurüd, in meinem ber rjerbe, unrröfttitfjc Sdjmerj f)offnung£= unb afmung3« reidjer 23ctrad)tung gemidjen ift 'Dffenb. 14, 13 „(Selig finb bie lobten, bie in bem iperm fterben"), unb mit rürjrenbcm Xone be$ ^rieben» unb ber Verformung, roobei bie SQtotioe be§ erften (SrjoreS unb bie milb = feierlichen fmrfcntönc mieber errungen, fdjticfjt ber Safc unb bringt bie ©inf)cit bcr örunbibee erneut jum 23croufjtfein. Ta§ Requiem bcjeicfjnct nicf)t nur bi£f)cr bie £)öf)e in ber pro« buftiüen Gntroidclung unfere» iiünftlcr§, fonbern ftefjt aud) ba aU ein bebcutfame§, gcmid)rigc§ Tcnfmal tiefen fiinftferifcfjen GxnfteS, rjinreifjenbcr ©eroait bc§ ?(u*brudS unb ooflenbeter ted)nifd)er Arbeit, auf meldjc» man in einer ßeit, meiere aud) in ber £unft am liebften obcrflädjlic^cn unb mürjctofcn ©cnufj auffucf)t, mit be* fonberem SS^o^lgcfaUcn unb mit bcr feften Überzeugung blich, bafj f)icr, menn irgenbmo, bie Xrabition bcr guten flaffifdjcn 3"t leben« big ift. 5tbcr audj jur Grfcnntni§ bcr Snbiüibiialität bc» ÄünftlcrS wirb ha* Stubium cinc£ SSkrfcS, in roclcrjcm bie ftrenge unb entfte itunft bcr vergangenen Gpocrje mit bcr ganzen Spänne unb bem er« mctlertcn fcclifcrjcn ?(usbrudc bcr neueren eine organifdjc Vcrbinbung eingegangen ift, in erfter 2inie beizutragen geeignet fein. Wut menige Safjre fpäter tjat er biefem SSkrfe ein juicites, gleid)* falls erhabener Intention cntfpriingcnc§, rocltficfjeS Grjorrocrf folgen laffen, gu roclcfjcm ihn nid)t§ geringere^ al§ bic Siege ber beutfdjen 22affcn im ^aljrc 1^70 begeiftert fjaben, baZ Xriumptjlieb (Op. 55) , nad) Porten bcr Dffcnbarung £\ol)anni§ für ad)tftim«. migen Gfjor unb grofjcS Drd)eftcr gefegt unb unfeTcm Saifer SS3i lt) clm gemibmet. £urd) ben großartigen 5lufbau in brei meit angelegten Srjorfäfccn, burd) ftauncnsrocrtljc Äunft bc£ mefjrfrunmigen 28* 354 Dr. $trmann ©titer«. [36 ©afce» überragt c§ faft baä Requiem ; bie ÄunjÜ Sad)'» unb ftänbet'S ferjeint fjier in neuem ©emanbe roieber erftanben ju fein. „§aÜelujaf), §cil unb $rci§" fingt ber erfte Gtjor, beffen Ztyma, fo fetbftänbig auftreteub unb in ben funftrei elften SScrfdjlingungen ücrarbeitet, ben öeutlicfjen unb beraubten Slnflang an ba§ "ißreußcnlieb „$cil bir im ©icgerhanj" cr!ennen läßt, meld)c§ fjier burd) ben leudjtenben ©lanj polnpfjoner Äunft Derflärt roirb. Sin jroeiter, gleitf) großartiger, im lempo gemäßigter Grjor, forbert jum £obgefange auf, begrünbet bie£ in bemegteren giguren (»benn ber aümäefjtige ©ort fyat ba§ 9\cicrj eingenommen") unb gef)t ju ben SBorten „laßt un§ freuen unb frötjlicf) fein" ju fanften mclobifdjcn ^Beübungen öon großem Dfaije, burd) überraferjenbe üttobulation gehoben, über, mäf)rcnb gleichzeitig bie 33lasinftrumcnte in ber fcörjc ben Choral „9cun bautet alle ©ort" intoniren. Sann tritt ein Baritonfolo auf, roeld)e3 in ber Segeifterung für ben gelben, ber jum Siege führte, bem ßt)ore einbruef^tofl üorangctjt, ber bann bie 9?iebcrrocrfung bnr $einbe unb bae £mllelujat) bc» Sieges nochmals in muffigen Ionen feiert unb mit immer neuem ©lange fein ^allclujaf) fingt. 2Bo ift raof)l Ireue, 2£at)rl)eit, ©credjtigfcit eine» allocrerjrten ,£)errfd)eT» cinbrurfS- noüer burd) bie lonfunft gefeiert? 9flit ^reube unb Stolj fernen mir, mie ber 9Jccifter , ben mir ben beften ber ©cgenmart nennen, aud) bie lonfunft mit ber großen ©e[d)ict)te unferer läge in um lösliche SSerbinbung gefegt rjat. S^ocr) ein größere» SSofalrocrf lieferte 23raf)m» in ber ftantate föinalbo für lenorfolo, 9)?ännerd)or unb Crdjefter Op. 50). T>iefe§ ©ebicfjt ©oettje'ä, für mufifalifcr)e Bearbeitung recfjt eigent* lief) beftimmt, fdjficßt ficrj an bie Gpifobe in Xaffo'» befreitem Serufalem an, mo ber tapfere ftinalbo, oon 5lrmiben§ Qanbcv* ne£?n umftrieft, unb in unmännlicher 8etbftoergeffenl)eit bei ber* felben. üerroeifenb, buref) jmei bitter befreit mirb; fie galten irjm einen biamantenen ©rfjilb oor, er erbtieft barin fein eigene^ 93ilb, Scfjam unb 3ont erfüllt ir)n unb er reißt fiel) lo§, burd) Slrmiben» klagen nicfjt jurücf gerufen. £a er abfegelt, läßt fie it)re Sauber* fünfte nod)mal£ fpielen, ©türm unb ©emitter ergebt fid), unb it)r ^alaft unb it)re £errfid)feit Derfdjroinbet. ©oetfje rjat biefer ©r» järjlung baburd) eine fjötjcre 23cbcutung gegeben, baß er JKinalbo au§ bem ©piclbaü einer medjanifdjen SSerjaubcrung unb Sntjau* berung ju einem menfd)lid) fürjlenben öüngling macfjt, melier, ba 37] 3e$annc« Sra&m#. 355 bic Slbgcfanbtcn bei ©octtje ein Gljor oon Gittern) fommen, ba fie it)in fein entartetet 93iXb jcigcn, jmar feine ^flidjt erfennt, aber bcn Stampf jmifdjen ^3flid)t unb Siebe burdjfämpfen mufj, gegen bic neuen Silagen 2Irmiben§ nic^t füf)llo§ ift, unb nadjbem er bic ßet« ftörung mit angefcfyen, nur mit ber ÜEBunbe im .^erjen fdjcibet. 3n biefer mcnfd)fid)cn 2öar)rl)eit liegt aud) ber ®cim ju mufifalifdjer ©e» ftaltuug unb Gljaraftcriftif, unb mir munbern un§ nidt)t, bafj bieg 23ral)m» anjog, nod) meniger, bafj fie it)m oorjüglidcj gelungen ift. 3n Icbenbigen, marmen garben fdjilbert er ben tiebeglütjenben Süng« ling in feinen klagen, feiner SSerjmeiflung, feiner fdjliejjlidjen ©r* gebung ; itjm gegenüber in gleich treffenber ßljarafteriftif bic bitter, mie fie gcfdjäftig bie 51bfal)rt ruften (tjier füljrt er bie furjen 233orte <55oetrje'§ ju einem großen unb reidjen Stimmungäbilbe aus), mie fie bann ifjren Auftrag ausführen, nidjt falt unb mecfyanifd), fonbern aU mitfürjlenbc tfreunbe, meiere mit ^orfidjt unb Sdjonung ba3 ©e» botene tf)un. Xaljer ber milbe, mitunter feierliche (Jljarafter ber Gt)orfä^e. SSir madjen nod) auf ben feinen fünftlerifdjen Xaft auf» merffam, mit meldjem bic Stelle Don ber SSorfjaltung be§ SdjübeS berjanbett ift, bei meldjer uidjt etnm inufifalifdje Malerei, fonbern bic mit bem Grcigniffc oerbunbene Gmpfinbung plöfclidjen Srfdjretfens' unb oölligcr öcfangcnnatjme ber Sinne au§gcbrüdt werben foU, Tingc, bie ber mufifalifdjen Tarftellung feljr mol)l jugänglic^ ftnb. sDiufi!alifd) t)croorragcub ift nod) ber Sdjlufjfafc, bic f)offnung§« reidje Stimmung unb rührige 33emegung ber ^eimfcljrenben in leb« rjaften 9ftotiöen barfteflenb. Tiefen größeren Gfjormerfen treten nod) einige fletnere jur Seite, oor allem üa* burd) ©ruft unb 3öaf)rf)eit ber ©mpfinbung unb Cirjarafteriftif au*geäcid)ncte Sdjidf aUlieb [Op. 54), ani £ölbcrlin'£ ^nperion, morin ber ©egenfafc be£ fcligen, fdjmerjlofen Tafein» ber olompifdjen ©enien unb bc§ nie rutjenben, immer oon ungemiffem Verlangen untergetriebenen 2)?enfd)cnleben2 in jmei djaraftcriftifdjen Gtjorfäfcen bargefteüt, namentlid) aber bic tiefe Sel)nfud)t nad) einem reineren, oerflärten Sein in bem SinleitungS* fafce unb bem iljm entfprcdjenben Sdjlufcfafce be§ Crdjcfterä" mit tDarjrfjaft entjücfenbem 2Sof)tlaute ausgcbrütft mirb. SBon buniTerem öepräge, abftrafter unb metjr auf liebcooüe£ Singeljen tjoffenb ift bie följapfobic Fragment au§ ©octfjc'S £>arjreife im SBintct), für Slltfolo, 2ftännerd)or unb Crdjefter (Op. 53). §ier mirb baS 356 Dr- #«nnann 2>eiter«. [38 mcnfd)cnfcinblid)c, büfterc 2£cfcn bcS twn bcr ©elt abgeriebenen llnglüdtidjcn ebenfo wafjr unb rrcffcnb gcjeidjnct, wie bie Sitte um Xtoft in bcr mitten Bcrbinbuug bcr Sütftimme mit bem Gljore itjrcn ergreifcnbcn 3lu*brnd crfjält. SIbcr foworjl bie büftere §ar* monic, wie bie rt)t)tl)mifd) — burd) bcn Siberftreit t>on 6/4 unb 3/2 — fcfjwer aufeufaffcnbe unb in ungern brjnlidjen Sntctoaüen fid) bcwcgcnbc 2)eflamarion machen baS BcrftänbniS be§ formell aller* bings ootlfommcn abgerunbeten StüdS nicfjt auf ben eTften 3tnlauf bequem — eine gorberung übrigens, bie man bei muftfalifd)en Slunftwcrfcn gu ftcllcn allmärjlid) fid) abgewöhnen foUte. Übrigens f)attc fd)on 5ol). gr. fteidjarbt gerabe biefe ©teile jur ftompofition ausgewählt — fo möge benn, wer Neigung rjat, „Sonft unb Se^t" Dergleichen. ßine grofce ßafjl rüderer Gljorftüde l)at BratjmS nod) in öer* fajicbcncn Sammlungen bereinigt. 9D?crjrfacf) l)at er ben grauen» d)or ju rjübfdjen ®cbilbcn üerwenbet, fo in ben jur Begleitung oon 2 Römern unb olfsmäßigen unb Nationalen nad)jucmpfinben meiß, unb fo gcl)t er aud) in oielen feiner lieber in SDcclobicbilbung unb ©cftaltung unmittelbar oom 23olfsmäßigen aus, roas fcfjon in ben ftom* pofitionen bcr erften ^eriobe ju bemerfen mar. SIber er macfjt oon biefer ©runbtage aus bie Stufen jum fomplicirten ©efange, jur Diomanje, jur Sccnc alle burd), mie it)m benn bie bem Stoffe an« gemeffene mufifalifd)e Srfaffung unb ©eftaltung immer bie £aupt* fadje bleibt, otjne ta^ er babei bcr Kategorie, in roelcfje fein SBerf gehört, ängftlid) nadjjufinncn brauet. Senn er in ber ^ülle unb bem ^cijc bcr SDcelobie an Sdjubert, in ber ^cinfjcit unb ÜBarjrtjett bes Xetailausbruds an Scfjumann, in bcr Saubcrfert ber 2lus* arbettung außer jenen aud) an 9i. ÖranS erinnert, fo lann er bod) nidjt als 9?ad)at)mcr eines berfclbcn bejcidjnct merben; er ift felb* ftänbig unb inbiüibucli, menn er aud) bie oon grüljeren angeroanbten 358 Dr. Hermann 3>eiter*. [40 StuSbriufemittcl bcljcrrfdjt. SefonbcrS Ijeroorrjebcn aber motten mir nod) allgemein bcn fixeren Gkjdjmatf in bcr 9Ba|I ber ®ebidjte, bie er bearbeitet. Silier gcbanfenleeren «pfjrafe öon ©runb aus ab* geneigt, forbert er ursprünglichen im ©cmüttje mieberflingenben ©cfjalt, unb finbet ifjn aufjer in ben t>olf§mäfjigen Stoffen, mo il)m %. 93. bc§ Snaben SSunberrjorn ergiebige $unbgrube ift, üor- äugsroeije in unferen flafftfd^en Xidjtem unb irjrcn befferen Nach- folgern , üon benen er außer ©oettje %. $8. §ölrü, Xictf. ©imroef, Äopifc^, ^laten, ©djcnicnborf, fll. ©rott). 9Jcörife gern roäfjlt, mät)- renb er aud) bie frembnationalcn ^oeften, bie un§ burd) Räumer, §cöfe u. f. W. imtjc gebracht finb, mit Vorliebe bearbeitet. 2>em oer- fd)iebencn drjarafter bcr Xerte ift bann aud) ber Gfjaraftcr ber Seglei- tung mol)l angepaßt. 93ci bem ciufadjcn, Dem 23olf§ton fid) nätjernben Siebe mirb fie naturgemäß jurüdrrcten; fomie eine mannigfaltigere, fubjeftioere, in irjrcr Gntmidctung fid) jetgenbe Stimmung jum 2lu«brudc gelangt, muß it)r natürlid) eine fclbftänbigere, mit ge- ftaltcnbe «Rotte jufommcn. £a »erfterjt e§ benn Sraljms meifterlid), bem ©cgenftanbe ©runbfarbc unb ©runbftimmung abjufel)en unb in feften DJcotiocn unb beftimmter rl;t)tf;rnifcr)er Scmegung ju fifiren, moburd) bann cinrjeitlicrje ©cftaltung be§ ©anjen erreicht mirb, mag nun ber ©cjang in abgerunbeter SDMobie — ma£ bie $egel ift — auftreten ober in melobifdjer £eflamation über ber Seglei . tung fdjroeben. ÜWandje Gigentljümlidjicit Sdjubert'fdjer Siebfom- pofition, \>a% j. 23. bie ©ingftimnte eine 2erj riefer mie bie S8e» glcitung iljrcn ©ang nimmt, finbet fief; aud) üon 23raf)mg ange- menbet. 9?irgenbmo merjr aber, roie in bcn fiiebem. finbet man fid) Don jenem Tone inniger SBärnte, meldjer nod) burd) farbenpräch- tiges Kolorit ber Harmonie gehoben mirb, im innerften berührt. £ieje allgemeinen Semerlungen an allen einzelnen fiiebern ju »erfolgen, mürbe jcben erfreuen unb intereffiren, mclcfjer fief) i^rem Stubium bjingiebt ; mir fönnen rjicr bei bcr Äur^e be» 9taume3 nur auf bie Sammlungen furj rjinmeifen. Sdjon bie erfte ßeit ber neu geftärften unb geläuterten ^robuftionSfraft ift burd) eine be- beutfame Sammlung, bie „ßieber unb 9iomanjen" Op. 14, beseia^net, meldje burd) prägnante 2Jcetobif unb glütflid) getroffenen üolfmäßigen Xon t)croorragt, aber baneben j. 23. in bem Sonett ,,SId) tonnt' id), tonnte oergeffen fie" aud) bie tiefbemegte ©njel* empfinbung in §inrei|enbem melobifdjen 2öol)llaute miebergiebt. ©3 *1] 3e$anne« ©ra^ms. 359 folgen bic „günf ©ebid)te" Op. 19, unter benen namentlich ba» ©ebidjt oon SD^örife „?ln eine 2lol»f)arfe" burd) originette SMangmirfung unb innigen 2lusbrud erfreut, geiner, ein geübtere« SerftänbniS erf)cifd)enb , finb bie „Sieb er unb ©efänge" oon ^latcn unb Räumer (Op. 32), unter benen befonberS baä tief fcclcnoolle „Sic bift bu meine Königin" in weitere Greife gebrungen ift. £ie &rone ber 23ral)m§'fd)cn Sieberfunft bilben unferer ÜHei* nung nad) bie iHomanjen auö S. Xied'3 f d)öner ÜJiagelone in 5 §cften ^Op. 33., an benen e§ un§ ferner wirb, fo mit furjem Sporte oorübcrgcf)cn ju foflen. Sie reid)e Entfaltung be§ tüed)feln« ben öemütljslcbcnS in ber 2icd'fd)en gr$äf)lung, meiere aud) biefe 6cbid)te eingegeben fjat, fdjlofj tjier bie gorm °^ einfachen SiebeS aus unb ücranlafcte bic Gkftaltung größerer ©äfcc mit ßmifdjen* jäfeen, ober SScrbinbung mehrerer ©äfce ju einem ©anjen. £ier bürfen mir gleid) baZ erftc, meld)c§ ba§ bewegte Seben be$ SRitterS in einem großen 23ilbe fd)ilbcrt, als SDcuftcr einheitlicher ©eftaltung eine» mannigfaltigen 3nl)atts t)eroort)eben ; aber mie alle Sieber, mögen fie bat, Grroad)cn ber Siebe („©inb e§ ©djmersen, finb eS greuben", „Siebe fam aus fernen Sanbcn" ', ben oon Stauungen ge» trübten 23lid auf ba§ erlangte ölüd („fdjlage, feinfühlige ©emalr" in 9er. 6), ben ©djmcr^ be§ 3Serluftes, bie ftolje Srmartung neu erblürjenben ©lüdeä „Sic frifd) unb fror) mein ©inn fid) fjebt") fd)ilbcrn, matjrljaft neue Cffcnbarungcn tiefften ©cfül)Bau§brude3 enthalten, fann nur eigene 23efd)äftigung mit benfelben jeigen. 5luf gleicher £>öf)e ftefjen bie als Op. 43 publicirten Sßier ©efänge. S53o tjat roofjl je bie Straft ber SJcufif fo tief in ein beroegteä innere bliden laffen, mie in bem menbifd)en SßolfSliebe J&on emiger Siebe"; mo ift ba» rt)t)tr)mifd)e Gbenmafj, ber r)armo< nifcr)e 3aubcr ber £)öltn'fd)cn „9ttainad)t" in neuerer Qtit überboten ober erreid)t? £er gleichen $t\t, mie jene, getjört bie reid)e, aus oier ^eften beftefjenbe ©ammlung ber bei ©imrod erfdjienenen Sieber unb Öefänge, Op. 46—49 an; t)ier l)eben mir oon ben größeren funftmäfeig bebanbelten befonberä bie 93otfct)aft nad) £afi3 u2£et)e Süftd)en"; unb ba£ magöarifd)e „©atj bem eblen 33ilbnis" tjeroor. ©djneller merben fid) einige oolfömäfjige ober fonft einfad) unb liebartig berjanbclte einprägen; unter it)nen ift ba» nicblidje flcine Sicgenlieb mit ber jierlid)en, it)ren felbftänbigen 23eg getjenben Begleitung populär gemorben. S)a$ 23rat)m3 aud) 360 Dr. $ermann ©eitert. [42 ©octf)e'fd)cn Sicbcrn gegenüber, bereit jtuci in biefer Sammlung fomponirt finb, mitunter biefe ©infadjfjcit anroenbet, fd)cint unö 3cirf)cn befonberen fünftlcrifdjen Xafte». 2)ie in fid) fo ganj Doücnbete unb abgefdjloffene Surif ©oetfje'S, beren ©nbruef burd) SDcufif !aum errjürjt roerben fann, rotll er, wie e§ fdjeint, möglidjft in ifyrer urfprünglicrjcn ©eftalt roirfen laffen unb legt if)r bie ÜRufif nur glcidjfam roie ein roof)lgefügtc» ©eroanb an, roobei namentlich bie rrjt)trjiiiifd)c 93eroegung beutlid) fjemorgerjoben roirb, aber aud) burd) bie Sd)lüffe unb Übergänge ber 2Sed)fel ber Stimmung mit ^cintjeit angebeutet roirb. £od) finbet ftcf) anbersroo aud) bei ©octlje'fcrjcn Xertcn mannigfaltigere 93erjanblung. Sine fernere Serie bitben bie fed)3 als Op. 57. 58 unb 59 t)erausgegcbencn £>eftc, alle mit großem ©efdjmad au»geroäf)lt unb gefefct; einzelne roerben fid) nur intimerem ftreife rafd) erfdjtiefeen, anbere roieber übcrrafcfjen burd) unmittelbar cinbrudSoolle SBieber* gäbe. S)ie t>olfStf)ümlid) bejubelten treten f)icr jurüd. 2Bir I)eben al§ befonberS rjertrorragcnb ba£ Sieb an bie ^erlenfdjnur rjertror, ha* ganj in fünften Sßorjllaut gctaudjte „23iUfommen r)olbe Sommer- nacht", ba§ ftimmungsooll berjanbclte ©oetfyc'fdje „Xämmrung fenfte fid) oon oben", unb ha* ganj rounberbare Üicgenlieb [JH. ©rotf)), ein Sieb ber Siüderinnerung an glüdlicrje ^ugcnb, bcfjen Xfjcma er, roie bereite bemerft, in ber ißiolinfonate roieber üerroenbete. Seiten folgen bie Sieber unb ©e fange Op. 63, alle burd) fdjönen Sau unb innigen 21u§brud unb befonbers funftöolle 93e* glcitung fief) auSjeicrjncnb ; unter irmen ift ba» lebhafte erfte „9#cine Siebe ift grün roie ber glieberbufd)" fefjr befannt geroorben. Gine reiche $ülle tjat er bann nod) jüngft in 5 §eften Op. 69 — 72) erfdjeinen laffen, bei benen aufscr öolfSmäfjigen Xertcn u. St. aud) bie ©ebid)te bc£ glfäffetS Äarl GanbibuS benufct ftnb. Sßie un§ fdjcint, fjat er fid) in biefen legten Siebern immer entfdjiebencr flaffifdjer gorm unb rcinfter Slbflärung bc§ Stoffes genähert ; mag man fjcrauSgrcifen, rocldjc» man roill mir nennen j. 93. „ber Siebften Sdjrour" aus Op. 69 , man roirb feinen Slnftanb nehmen, fie bem 93eften jujujäljlcn, roaS ti auf biefem ©ebicte überhaupt giebt. lieber merben mir fort unb fort auf %x. Sdjubert jurüdge* roiefen, beffen mclobijdjer Sieidjtrjum l)ier mieber aufgelebt ift, roäf)= renb bie Äoncifion bcS 93aueS, bie bemühte Sidjerrjeit ber ©eftal* tung if)n meljrfad) überragt. 43] 3pfannee 8ra$m«. 361 ©in einzeln fief)cnbe§, in einer bei üudfjarbt in Gaffel erfc^ic* neuen ©ammlung l)erau§gefommene§ Üicb, bie ©id)enborfffd)e 2Ji o n b n a d) t , mag an einem f cJjr fprcdjenben 23eifpiele bie ©runb* oerfdjiebenfjeit ber ©d)umann'fd)en unb ber 23raf)m§'fcf)en Snbitn* bualität oor Stugen führen. Slufecr ben fiiebern tjat 23raf)m£ aud) eine 9kit)e oon ©efängen für mcfyrftimmigen ©ologefang oeröffcntlidjt. ßunädjft eine größere ßafjl oon Duetten — brei £>uctte Op. 19, t»ier Duette für 211t unb 23ariton Op. 2S , Duette für ©opran unb 2Ht Op. 61 unb Op. 66, SBaHaben unb SHomanjen für jroei ©rimmen Op. 75 — toetdje, inbem fie ofjne 21u3naf)me bie ©igentf)ümlicfjfeiten ber 23raf)mefd)en SOZufe erfennen laffen, infofern üerfdjieben geftaltet finb, aU fie bie Stimmen entmeber fortmätjrenb in parallelem jroei* ftimmigen ©efange bringen , ober 2£cd)fctgefänge unb fteine ©cenen jroifcfjcn getrennten Snbioibualitäten enthalten. 3n legerer 95c= jicrjung f)eben mir als genial erfunben unb toirfung§ooll ausgeführt bie 23aüaben oon ber 9?onne unb bem bitter in Op. 28 unb ßbtoarb in Op. 75 tjeroor. 3n erfterer machen mir aufmerffam auf ba§ reijcnbe „§üt' bu bid>" in Op. 66, mie üim benn ber naiDtjerjucrje Ion gerabe in ben Sicbcm ber legten ßeit fo übcrrafdjenb gelingt. £tefclbc 23erftfjtcbent)eit ber 23cf)anblung geigen bie beiben Sammlungen oon Quartetten mit ftlaoierbegtcitung Op. 31 unb Op. 64, infofern aud) f)icr enüocber eine t)omopt)one ©eftaftung oonoiegt, ober burdj ©cftaltung oon ©ruppen fteine bramatifdje ©cbilbe entftefien. 2cfctcrc§ bietet unftreitig oiel Gelegenheit ju feinen ftontraften unb funftooüer mufifalifcr)er ©fruftur; origineller, melobifcr) unb fjarmonifd) cinbringlidjcr unb mirffamer ftnb biefeS 9M bie SBetfpiele ber erfteren 51rt, unter benen „$er ®ang jum fiicbdjen" Op. 31 unb mefjr nod) „£cr Slbenb" Op. 64 fjerüorragen. g^amcntlict) ift ba§ ledere, bie ®ompofition be§ ©^ifler'fd)en „©enfe; ftrafjlcnber ©ott" mit bctounberungsroürbiger 2ftcifterfd)aft gefefct, bie mufi!alifd)cn 9ftotioe bem poetifdjen eita*. [44 Unb in biefcm 3ufammcn^)an9^ f« benn aud) nod) eines SBerfeS gcbad)t, tuclc^cä an SMclobicnfülle, Dicij beS 9lu3brucfe3 unb ^onnoollcnbung aud) bei S3raf)m5 feine§ ©leiten fud)t; wir meinen bie „Siebeslieber" Op.52, unb bie „STCeuen Siebet lieber" Op. 65, oierrjänbige Saljer mit ©cfang, in einfachster Siebform, oon öerfdjicbcncm Xempo unb 3eümafce ; bie ganj furjen Sejte baju meift aus £aumer'§ ^olubora entnommen. £ie Sbee mag juerft frappiren ; unb bod) ift ©efang jum Xanje fo alt, wie ^reube an Singen unb Suftbarfcit überhaupt. Siud) unter ben fiebern mit ftlaoier ftnb einzelne, meiere mit Slbfidjt ben Xanj* rt)ütrjmu§ jeigen. 3u tiefen 33rafim§'fd)en fleinen ©ebilben ftetjt ber rein mufifalifd)4nftrumentale ©ebanfe, ber lang, urfprünglid) für fid), unb in fofem treten fie af£ gleichartig ben frütjer gc= nannten öierrjänbigcn SSaljem $ur Seite; ju biefem tritt bann ber ©efang ad libitum rjinju , ftimmt aber nidjt ctroa einfad) in bie 2)celobie be§ &latiicr§ ein, fonbern bringt in tjarmonifdjer Über* cinftimmung mit bcrfclben neue fclbftänbige ÜUcotioe, unb fo ent* fterjt benn ein reijcnbc» ©anjeä, roobei bie erftc ßoneeption faum mefjr erfennbar, unb bie $ragc gflns müßig ift, ob bie 9JMobie ju ben Porten erfunben, ober bie SSorte ber SDMobie untergelegt finb. ^aft in feinem neueren Sperre mirb man oon fold)er 5" He ebelfter, anmutl)igfter SDMobie umftridt ; man nel)me bie SSaljer „21m 2)onau= ftranbe", „33ögelein burd)raufd)t bie 2ufr\ WG» bebet ba§ ®efträud)e" unb fage, roo in unferer Qeit ärjnlicr)c» fjeroorgerreten ift. Unter ben Icjten, roeldje fammtlid) irgenb eine bebeutfame 51u§erung be£ fiiebeslebenS enthalten, begegnen neben ben munteren unb froren aud) ernfte, trübe, lcibcnfct)aftlicr)e ; roer roirb fid) j. 33. ber SBirfung be» fd)erjf)aft=unmutl)igen „9(ein, e§ ift nidjt au§3ufommen" enrjierjen fönnen? Unb mit ungemeiner ^einrjeit unb ©röfje ergebt ftd) fdjlicftlid) ber ÜNeiftcr, ernft unb ftreng , über ba§ bunte ©etreibe, inbem er ba§ ©oetrje'fdje „9?un, ifjr SDcufen, genug" in einem fdjön pofuprjon gearbeiteten Sa§e burd)füt)rt; er roeifc bie ©eifter, bie er gerufen , aud) roieber ju bannen unb ba§ Qkmütfj ju rurjiger 23e« trad)tung jurürf^ufütjren. — £ie einzelnen SSerfe, bie im obigen aufgellt rourben, f)aben 45] 3o$anne« 8ra$m«. 363 mefjrfad) ©elegenfjeit geboten, bie eigentrjümiitfjen ßüge be§ Sro^mS'« fcfjen 6tf)affen§ ju bejeitfjnen. 5afK" Wil biefelben nochmals in f urgent 9?ütfblicfe Rammen, fo ftef)t un£ öor allen fingen ein ftünftler mit originaler, felbftänbiger unb unerborgter ©djaffenShaft oor Slugen. £a§ mcfentticfje Äennjeic^en berfelben ift bie ©rfin* bung felbftänbiger neuer Sflotioe unb SMobien, meiere in unfern: neueren ÜKufif orjne $rage ba§ rjerrftfjcnbe ßlemcnt finb unb fein muffen, unb in bereu Srfinbung ber geniale ßünftler am entfdjie* benften fitf) bofumentirt. 28er autf) nur menigeS oon 23rarjm3 fennt, mirb nidjt nur über, bie ^üüc ber SJMobie erftaunt fein, fonbera autf) bie ftlarfjeit unb ^eftigfeit ifjrer ©eftaltung, bie fjar* moniftfje unb rtjQtfjmifc^c Söeftimmttjeit , bie Sftannigfalfigteit irjrer ©lieberung, enbtitf) ben Srnft unb bie eble SBürbe be§ 2lu§brucfö &u bemunbern reicrjlid)e ©clegenrjeit fyaben. Sorin nun bie ©djön« fjcit, ber 5Iu3brucf, ber innere ©etjalt einer neuen unb felbftänbigen SJMobie beftefje, mufc gefüllt unb fann faum öräciä au§gefprotf)en merben. 2Sa§ mir fjeutjutage -üMobie nennen, rjat ftdE) au§ bem 9irjt)trjmu§ be§ langes unb be» gefungenen 2S>orte§ f)crau§ im ßaufe ber ©eftfjidjte felbftänbige 23ebcutung errungen ; bafjer forbem mir rrjtjtfjmifcfje Ülarfjeit unb 23cftimmtrjeit aU erfte Sebingung einer guten SJMobie. 2Sir forbern aber meiter, unferem Xonfüfteme cntfprctfjcnb, flarc f)armonifdjc Qkftaltung. (53 ift nitfjt genug mit ber $orbcrung angemeffenen 28etf)fet§ groifcfjen 5Iuf* unb 5Ibfteigen, gmifcfjen fprung* unb ftufenmetfer ©cftaltung ; bie StRelobie foü fid) innerhalb einer feftbeftimmten Xonart bemegen unb jeber Xon ber« fetben jum ©runbtone ein bcftimmte£, füf)lbare§ SkrfjältniS rjaben, ober autf), rooburtf) ein erfter ©runb gur 9ftannigfaltigreit gelegt ift, jum ©runbtone einer oermanbten Xonart, natf) melier burtf) bie melobifcfjen Schritte au*gcroitf)en mirb. 9ftan fjat bei Siebern bie ^orberung aufgefteüt, bie ÜDMobie berfelben muffe aud) otjne Segtcitung ocrftänblid) unb einbrnefsooti fein. Xiefe ^orberung fönnen mir, bem jefcigen Xonfnfteme entfprctfjenb, nur fo öerftef)en, bafe bie ^armonifcfje ©runblage, bie jeber Xon forbert, unb bie t)armoniftf)e 23cgierjung ber einzelnen Xöne berart ift, bafj baS ©e< mütt) bes £örers fie teierjt ergänzt. Tie natürliche ©rgänjurig 364 Dr. Ermann 2>citer«. [46 ober finbet ber Ion im tonifdjen 2)reiflange, beffcn ©runbton, Xctj ober Duinte er fein fann, unb man mirb bie 3J?elobien al§ bie gctjaltoollftcn unb babei üerftänblicfjften anfpreerjen bürfen, in roel* djen biefc ßrgänsung am natiirlicfjften unb einfaßten ftattfinbet. £a§ mirb bei 33off§metobicn meiftcnS ^treffen; unb barin beruht aud) bie Starre ber ßrfinbung bei unferen beften SDMobifcrn. 5lud) SJrofnnS gefjt Don biefem ©runbfafce auä unb bebient ftet) bei ein* fachen, natürlichen ßmpfinbungen gern biefer emften unb ftrengen Steife. 2)?an betraute 5. 23. bas „altbcutfdje Sieb" in ben ©cfängen Op. 43. §ier beroegt ficr) bie 2JMobie — leiber fönnen mir fie nierjt b,ieb,crfc£cn — an bie 2£orte ficr) ofjne ßroang anfdjliefcenb im Umfange weniger löne, mit ben ?lbfd)lüffcn in ben nädjftoerrbanbtcn lonarten; aber jcber Xon ift 93cftanbti)eil einc§ felbftänbigen toni* fdjen 2kcorb§, beffen ©runbton ber 93afj jcigt, unb jroar jebcsmal eines anberen; unb fo f)at jeber cinjelne Ion ein öiel intenfioeTeS ©croicljt, roie roenn er ^cftanbtbcil eine§ anbcr§ gearteten Slccorbe3, ober be» bereits drangegangenen, ober blofj $orr)alt ober 2>urcr> gang roärc. Tiefet Streben tritt mcrjrfacfj r)crt)or (man fcbje ba§ Irio im erften Streichquartett u. a.), bie 2Mobie jmar innerhalb ber lonleiter ju geftatten, bod) aber jcben Xon al* 23eftanbtr)cil eines felbftänbigen tonifd)cn XrciflangS Ijin^ufteüen. £ier bietet ftd) oiele (Gelegenheit 3U mannigfaltiger ©eftattung, je nad} ber Xon* art, in roclcfjcr ber ?lbfd)lufj ber Venoben erfolgt, je nadjbem bie aufeinanber folgenben löne ocrfd)icbcncn 51ccorben ober bemfelben angehören; immer aber roirb man ben 9cad)brucf bcr Sftctobie auf ber beftimmten tonifdjen ©runblage ir)rcr 3?cftanbtt)cilc begrünbet finben. SS?eicr)er roie ber tonifdje SreiHang finb bie ocrfdjiebenen Scptimentjarmonicn, unb e§ roirft ba§ natürlid) auf bie melobifd)e SSerrocnbung bcrfclbcn; nod) größere 93canmgfaftigfeit , oft aud) Sdnoädje unb Unftarrjcit tritt ein, roenn bie Xone fid) nur al§ Sßorfjalte ober Surdjgänge barftcllcn. £ie ÜDcclobien mancher neueren Stomooniften erfcfjeinen barum ftfnuad) unb au§brucf§to§, meil fic biefer närjer liegenben gortfd)rcitungcn fid) ju fjäufig bebienen, aud) roo fräftige unb einfache ßmpfinbungen barjufteflen roaren, ober roeil bie 51bfd)tüffc bcr Venoben nict)t flar unb feft finb ober ein* 47] Sobanne« Sra^m«. 365 förmig in berfetben Xonart fid) mieberljolen, ober weil es bcr rtjöt^* mifdjen ©liebcrung an 93ejtimmtf)cit unb Sttannigfaltigfeit fetylt. fBir rjaben biefc Einbeulungen, bereu Unoollftänbigfcit unb 2ftangel* Ijaftigfcit wir füllen, nur gemad)t, um gleichzeitig ausbeuten, in melier Seife mir 23rat)ms in erfter fiinie als einen öorjüglic^en, genialen 2)Mobifer betrauten, unb nid)t blo§ an itjm bie ^üttc reijenber unb mannigfaltiger SDMobieerfinbung bemunbem, fonbern aud) bas fünftlerifdje Sewufjtfein, ben feften Xaft, mit meinem bic= felbcn geftaltet unb aufgearbeitet unb bem jebesmaligen Cbjefte an* gepaßt finb. Senn bas miffen mir ja aus bem, was mir 5. 93. über bie Stubicn 23ectt)Oüen's lernen, unb es liegt in ber Statur ber Sadje, tafe aud) was uns mie mit jartem, faum berüf)rbarem Tufte natje tritt, beim redjten ftünftler Srjeugnis forgfamfter fünft* lerifdjer (Erwägung ift. So tritt uns 33rat)ms in feiner ©rfinbung nicfjt allein als reid) unb fclbftänbig, fonbern als mit beroufjter Über* legung unb rüdfid)tslofer Strenge gcftaltenb entgegen, oft fo, bafj ber fünftlerifd)e 2£ille gcmaltfam bie ^Ijantafie $u jügeln fdjeint; unb bod) mirb man aud) in foldjcn fällen meiftens fagen : es mufj fo fein. 2£o es bcr Snrjalt forbert, cinfad) unb ftreng, fo fefjr, bafj er in einzelnen arbeiten mie ben neueren ÜDcotctten) fogar fdjcinbar ber alten Strenge bcr ttirerjentouart fid) nähert; nidjt als moütc er übermunbene Stanbpunftc gurüdfüf)rcn, fonbern inbem er innerhalb bes neueren unb für ifjn burdjaus mafcgebenben Xanföftems gelegcntlid) aud) bie SSirlungen früherer oermenbet. 2lber je nadj bem Terte, ber Stimmung bie er ausbrüden mill, bebient er fid) aud) aller jener ÜRittet, burd) meldte bcr neuere Stil bas Xonmaterial flüffigcr unb jum 3lusbrude • bcr fompticirteren ßmpfinbungen ge< eigneter gemacht ijat. £)a finben mir aud) bie djromatifdjen Xon* fdjritte, bie roenn bcr §albton nicfjt blofc als 23orl)alt ober £)urdj* gang bient, rafdjeren 2Sed)fcl aud) entlegenerer Xonarten bebingen, ba aud) ben 93orf)alt unb Xurdjgang felbft orjne 23ebenfcn unb mit bewußter, entjd)iebencr SSirlung angemenbet. hierbei mufj nodj ge* fagt werben, wcnnglcid) es fid) nad) allem gefagten t>on felbft toerfterjt, bofj, menn mir aud) feine Srfinbung überall djaralteriftifd) finben, bod) immer bas rein mufi!alifd)c ©efefc bcr fd)önen %ovm t)crrfd)enbes 366 Dr- $«nnann 2>cttcr«. [48 <ßrincip bleibt, unb bafj niemals in ber ganzen 3e^ feines bemufj* ten (SdjaffenS ber SluSbrutf bie Sdjönrjeit in ben Statten ftcUt. Sn bicfer £>iufid)t, wie überhaupt in ber St arbeit, £?ülle unb <5d)ön« fjeit feiner 9Mobie fcrjlicfct er fict) unfereS ßradjtenS burdjauS an ScctfjoDen an, unb neben irjm erinnert ber oft naio Ijeislicrje, marme £on feiner Sftorioe t>ielfacr) an ^r- ©Hubert, roärjrenb roir eS für ganj unrichtig galten, irjn ju ben 9?ad)folgern Schümanns ju red)* nen, fo rjod) er biefen SDJeiftcr ocrerjrt unb fo ferjr er aud) bie burd) benfelben erfolgte SBereicfjcrung beS tonlidjcn SluSbrudS ju oermenben meiß. Über alle Sorbilber fjinauS aber fjat er an bem Urquell aller SMobie, an ber SßolfSmeife, feine ©rfinbung genährt unb ge= fräftigt; tljt laufdjt er baS Scfjte, Urfprünglidje ab unb bie SBaljr« rjeit beS 5luSbrudS ftnbct fjier ir)re ftetige Säuterung. 3U tiefer Urfprünglicrjfeit unb SSarjrljcit geljort öor allem aud), mie bereits bemerft, bie SPcftimmtrjeit beS rrjntrjmifdjen Momentes in feinen DJMobicn unb 9ftoriocn, unb baS ©efcrjicf aud) feltcnere rrjrjtfjmifdje ©ebilbe einanber folgen ober mit anberen mcdjfeln ju laffen. 3nS-- beionbere roeife er feltneren, namentlich antuen Sftafcen in ben fiiebem bie mufifalifdje Seife in übcrrafefjenb treffenber SSeife anjupaffen, moju mefjrfacf) 33eifpiele angeführt mürben. ?llleS in allem bürfen mir 93ral)mS ben ttünftler ber ©egenroart nennen, melcfjer mit ber reichten SrfinbungSrraft begabt, mer)r mie irgenb einer feit 93eet« fjonen bie Xrabirion biefes 2tteifterS junäcrjft in ber Selbftänbigfeit, ber Haren ©eftaltung , ber männlidjen ftraft unb bem ibealen Sdjrounge feiner melobifrf)en Srfinbung miebergiebt. Xob jictj ju biefem berfelben fdjattet, [äffen nierjt blofj feine großen Sfjormerfe, fonbern oiele feiner Snftrumentatfompofitioncn erfennen, unter benen e£ ge* nügt auf ben lefcten Safc ber SßiolonccUfonate unb auf bie Sdjlufr fuge ber Spänbelüariationcn t)inguroeifen. SS ift nidjt 3ufaü, bafj mir ir)n auf biefem 2£ege mit SSoiliebe manbcln feljcn ; mir Ijören, bafj unter ben Üttciftcrn, meiere feine Sugenbbilbung begleiteten, 3ot). (Beb. $adj eine fjcroorragenbc Stellung einnimmt, unb in biefem 9Jcctfter t)aben mir, neben ben bereits genannten, ein mcitereS unb befonber* mirffamee SSorbilb für 93rat)m§ in feinen im polti* pl)onen Stile gearbeiteten ftompofitioncn ju erfennen. G§ üerftetn" ficr) babei oon fclbft, bafj er babei oon ben Grrungcnfdjaften ber neueren ßeit ttolien ©ebraud) madjt ; benn üollftänbig ju fdjreiben mie 3?acr), mödjte fjeutc bod) roofjl faum jemanb oermögen. Sc ger)t er benn namentlich in feiner 9Jtobutation, meldje aud) in biefen 3u1ammcnl)ang gehört, burd)au§ feinen eigenen, unter bem Ginfluffe ber gefammten mufifalifdjen Gntmitfelung ftefjenben Seg. 3n biefem fünfte jcigt er fid) mal)rf)aft fd)öpferifdj, bcf)errfcf)t bie ftunft ber föarmonif oollftänbig, bemegt fidt> mit Scidjtigfcit sroifdjcn t)crfd)i ebenen , oft entlegenen Xonarten, beren eintreten immer als ba§ natürliche Ergebnis ber Sprung ber Stimmen erfdjeint. 2Sir fjaben fdjon foldjer Stücfe gebaut, in meldjen er in ben einfadjftcn formen, in reinen Sreiftang^ort* fdjreitungen bie Harmonie in ftrenger, jumeilcn t)erber SBeife fidj entraideln läfjt, namentlid) mo e£ gilt, bem einzelnen Xone ber biatonifd) gebauten SDMobie bie tjarmonifdje ©runblage ju geben. 9)cit berfelben SDceifterfdjaft aber meifj er, mo c§ ber 51u#brucf mit fid) bringt, ber Gfjromatif unb Gnfyarmonif fiel) ju bebienen, unb gerabe f)ier ift ber ^unft, mo bem aufmerffam §örenben bie 23c* fonberfjeiten bes S3raf)m3'fd)en Stiles nid)t entgegen merben. So jeigt n: ein befonbereS öcfdjid unb aud) eine befonbere Vorliebe, ta mo bie Sftclobie $. 23. einen ^albtonfdjritt madjt unb alfo einen lKnfiroI. «(ortTÖgf. IL 29 36S Dr- ^ermann 2>eiter«. [50 jur §aupttonleitcr nidjt gehörigen Xon berührt, bie ganje §ar* monic in fjütjcrc lonart rafcf) unb faft unüermcrft ju tran6poniren, inib in biejer bie Gelobte ober Xrjeile bcrfelben roieberjubringen ; unb bie§ gefd)icf)t, obroof)! c§ fief) babei um entlegene Xonarten Rubelt, fo einfad) unb natürlich , bafi roir faum etroa§ frembeä empfinben. 9Man erinnere fid) mehrerer ber 2)iagelone=ÜKomanjen, ober beS Sin* gang* bc§ ©=bur=erfd)iebenem (Srjarafter, ober jcigen ju langfamem, getragenem fpauptfafce einen marfirt ein* tretenben ßroifdjenjafc. 9ccu unb fd)öpferifd) ermeift er fid) ntcfjt feiten in ber ©eftaltung beS Sdjcrgo. 2>en legten ©afc leitet erworjl in bcfonbcrS grofe angelegten Werfen nod) einmal burd) einen langfamen Sat> ein, was fid) ja fd)on bei äftojart finbet; mit befonbers ergrei- fenber SBirfung gcfd)iel)t bies in ber erften ©ömpfjonie* 2£ie reid) unb mannigfaltig baS Gkfdjid ber gormbilbung in feinen £iebern erfcfjcint, mürbe bereits Ijcroorgcljoben unb brauet nicfjt wieberrjoft ju werben. 2111c biefe Ginjclnrjcitcn, bie eine Tetailbcfdjrcibung ber Sßkrfe nod) ocnnerjrcu fönntc, fliegen aus ber ^nbioibualität bcS ftünftlers, crfdjöpfen bicfclbc aber nidjt in it)rem tiefften örunbe. Xafj mir eine foldjc, in fidj gcfd)loffcnc Snbioibualität üor uns tjaben, eine ftünftternatur aus bem Sollen unb GJanjcn ofme Stücfwcrf unb blofe 9?ad)gcaf)mtc*, ift niemanbem jmcifcllmft , ber fid) irjm ofme SSorurttjcil nähert. £ics aber ift ganj befonbers erforberlicfj bei einem ftünfttcr, ber aufgcfudjt fein will, ber alle abwcfjrt, meiere glauben, in rafcfjcm anlaufe if)n begreifen unb bie Sdjäfce feiner Äunft fid) aneignen ju fönnen. GS ftcllt fid) uns in 23rarjms ein Äünftler bar oon unerbitt* lid)cm Gruft , oon bem t)öd)ftcn Qkfüfjle ber Stürbe feiner Äunft. 2Kan mirb laum bei einem ftüuftter feit Scetlmoen in foldjem 9)?afje bie Slbwefenrjcit oon allem, was man aud) in ber SDiuftf $f)rafe unb Qkmcinolafc nennen fönnte, finben, mie bei 93ral)tnS, bei feinem eine fo entfdjicbcnc 23efd)räufung auf bas , mas er fagen unb auS= brüden will. Gbcnfo jeiefmet it)n bie 3lbfcfjr oon allem aus, was irgenbmic burd) äußerlichen ^Rcij beftrirfen unb auf momentanes (gefallen berechnet fein lönnte. 2Ber im ftunftwerte etwas anbereS als bie Äunft fucfjt, ber bleibe ilnu fem, ct fommt iljm nicfjt entgegen. Xiefe fünftlerifd)e (Strenge offenbart fid) benn neben allem, 29* 370 Dr. ^»ermann Leiter«. [52 maS über bie $anbt)abung ber Xedjnif gejagt mar, in bem burd)« getjenben »Streben nad) Söatjrfjeit ber ©mpfinbung, nad) bem 2luS= brutf beS tDarjrrjaft 9)ienfd)lid)en ; unb wenn aud) t)ier eine 33e* fdjränfung aussprechen fdjroer ift, fo gewahren wir eS bod) als feiner 9ktur entfpred)enb unb djarafteriftifd) , bafj ernfte unb grofte Gmpfinbungen irjn ftarf anjieljen unb it>r SluSbrud ifjm in befom berS treffenber Seife gelingt. 1)al)er bie Vorliebe für geiftlid)e (Stoffe , bafjer ber tiefe Gtnbrud beS Requiems unb bnr itjtn ana= logen SBerfe. ?lber aud) alles anbere, maS er ergreift, abelt er burd) bie Xiefe, mit meldjer er bie Gmpfinbung im Innern erfaßt unb miebergiebt, burd) bie 5ibfcl)r oon allem kleinlichen unb nur fub= jeftio ©ültigen, burd) baS 51uffud)en beS rein unb einfach üflenfd)* lidjen. Snbem er biefeS innerlich raieber empfinbet, unb fo baoon burdjbrungen cS in ber £prad)e feiner lone miebergiebt, erzeugt fid) bei einfachen, oon jebem leidjt üerftaubenen Gmpfinbungen jene Sftaioetät unb jener tief manne Ion, ber ben, meldjer ftd) mit 23ral)mS befdjäftigt, fo munberbar ergreift. ©S fann nicfjt SBunber nefunen, bafc bieS in ben Werfen, benen baS erotifdje Moment als ©egenftanb bient, ganj befonberS {jeroortritt , mie er benn in ber 1t)at in SiebeSliebern unb ftompofition berartiger Xepte (mir nennen nur bie 9flagelone = 5Romansen) oon feinem teueren an ©arme unb Snnigfeit erreicht mirb. Slber gerabe baS geroäfjlte Seifpiel jeigt, mie er audj in biefem ©ebietc bem Momente emfter Betrachtung fid) gern fjingiebt, unb eS feiner 9?atur nicr)t entfpridjt, nur in leidjter lanbelei aufjugefjen. SlnberSroo aber, mo er fid) über ba* Sltltägticfje ergebt unb feine ftunft bem §of)en unb ©rofeen bienftbar mad)t, cntftcfjt bann aud) mofjt jener fjerbe unb ftrenge Ion, ber oom §örer ein eifriges, oon Gruft erfülltes, bann aber aud) lofjncnbeS Gingeljen oerlangt. eroorl)ebung ber djarafteriftifdjen Gigen« fdjaften bes einen bem anbem fcr)einr>ar etwas entjieljcn ju wolleit, was aud) if)m nidjt fefjlt; unb baju motten wir mof)l t)eurjutage weber berechtigt nodj unbefangen genug fein. Slbgefefjen Don bem grunboerfcrjiebenen Naturell beiber 9ftänner, weld)cs, wie bereits früher gejagt, fdjon in iljrer melobifd)en Grfinbung ju erfennen ift, fei f)ier an bie gefd)id)tlicfje $8orausfe£ung Don ©cfjumann's ©djaffen erinnert, an fein ©treben, ber 93crflad)ung unb bem 5ormaft§mus gegenüber bas poerifd)e Moment wieber ju Gfjren ju bringen, „bas &unftreid)e wieber mit bem ©eelenDoüen ju Derbinben". darauf beruht bas cntfd)iebene 93ormaltcn ber ^ßf)antafie unb bes fubjef* tioen Momentes befoubers in ©djumann's erfter Gpodje, in welcher, wie er felbft fdjön Don fiefj fagte, „Sftenfd) unb SJcufifer fiel) immer gleidjjeitig bei iljm aussprechen fudjten". Xicfes ©treben blieb itjm. Derbanb ficr) aber auf ber £öfjc feiner Gntwidclung mit bem gleid) entfd)iebenen unb bewußten Streben nad) ftlarfjeit^nb ©d)ön« tjeit ju befto tieferer, bauernberer SSirfung. Sei Srarjms fjat biefer ©egenfafc, wenn mtr Don ben frühem Sugcnboerfucfjen , unb aud) Don biefen nur jum X^eil, abfefjcn, niemals beftanben ; fein ©cfjaffen ift Don Anbeginn ein burdjaus naioes unb ftefjt nidjt mit irgenb» 372 Dr. §ertnann Setter«. [54 mcldjen reformirenben Xenbcnjen in Sßcrbinbung ; ma§ ©djumann Dcrmi^tc, fanb er überrcid)Iicr> , faf) es fogar »iclleidjt bei mannen Wadjfolgcrn ©djumann'S unb attcnbelsforjn'ä ju auäfdjliefjlidj be= tont; für irjn gab c§ nur bie eine gorbcrung, oem angeborenen fünftlerifd)en orange ju folgen unb in ben gormen, bie ü)m burdj früfjc Arbeit unb Übung fonrie burd) einbringenbeä ©tubium ber Reiftet ber Haffifdjen Gporfje roic unbemufct nun feften Söefifce ge= morben waren, ba§ fünftlerifd) au§uigeftalten , ma§ in itjm lebte unb fünftterifdjer Xarftcllung mürbig unb empfänglid) war. 2öenn er un§ bafjer öon Anfang an ein ftärfereS ©treben nod) Cbjeftiüität jeigt, wenn ir)m bie ^orberung bc§ ttunftmerfS als folgen überall in erfter 2inie maftgcbcnb ift, fo finben wir ben ©runb foroofjl in feiner eigenen fünftlcrifdjen Anlage, mie in ben oon ben erften Sauren nad) $cetf)Döcn'§ lobe, in benen ©d)umann unb 9J?enbel§; forjn auftraten, gan^ oerfd)icbencn fünftlcrifd)cn .ßeitumftänben. — £ic ©tcllung oon 3flf)annc» 3?ral)m§ in unferem 2Jhtfifleben ift burd) 93cfpred)ung feiner eigenen fünftlcrifdjen ^robuftion nod) nidjt erfd)öoft. 35Hc er in ben Safjrcn, in melden er felbft aU Seitcr größerer Aufführungen trjätig mar, für 25Mebcrgabc ber flaffu fd)cn 3Rciftcttoetfe, oorncrjmlid) ^of). ©eb. 23ad)'a, mit aufopfern^ bem Gifer trjätig mar, fo finben mir feinen Warnen auefj mit jenen großen Untemetjmungcn , mcld)c auf bie 93croaf)rung ber SSkrfe älterer unb neuerer 9ttcifter gerietet finb, unauflöSlid) oerbunben. $ür bie Gl)rofanbcr'fdjen „Xcnhnälcr ber Xonfunff beforgte er bie £crau*gabe ber ftlaoicriompofitionen $r. Gouöerin'3, für bie neue SKoäart* Aufgabe bie fteoifion bes Requiems, unb aud) an ber ©cfammtausgabe ber SSerfe GrjOpin'3 ift er beteiligt. Aus bem Wadjlaffe %x. ©djubcrt'S gab er brei ftlaoierftüde, au§ bem föob. ©djumann'ä ein ©djerjo unb ein ^refto ^affionato f)er< au§. Gine ©lud 'fd)c $aoottc fcfctc er für ftlaoier unb bearbeitete in ben bei ©raff in Seidig erfcfjicncncn „©tubien für ^ianoforte" eine (Stube oon Gt)opin unb ein 9?onbo oon Seber. Unb follten mir ben ftlaoicrfpieler nod) befonberä fd)ilbem, fo mürbe unfere $>arftel* lung barauf tjinnimeifen rjaben, mie er auci) in biefem S8erracr)t ju ben erften gehört, ju jenen edjten unb magren ftünftlern, meldje, inbem 55] 3ot>anne« ©rafcm«. 373 fie bie £ed)nif unbebingt unb in allen Nuancen befjerrfcfjen , bod) in if)r niemals bie Hauptaufgabe be3 barftellenben ÄünftlerS fetjen, fonbern fie jeberjeit ber SSiebergabe beS fünftlerifd)en ©ebanfenS, ber geiftigen Reprobuftion bc§ ÄunftwerfeS bienftbar machen. — SDcan fjört in ber ©cgenwart oft bie Silage, bafj ibealeS Streben unb ibealc ©efinnung gefätjrbet, ja in weiten Steifen oerfd)Wunben fei, im 2eben wie in ber ftunft. Xabei mad)t man in lefeterer mit Rcdjt barauf aufmerffam , wie man e§ üielfadj für nötlug rjält, burd) gewaltfame Mittel bie ßmpfänglidjfeit für fünftlerifcfye Schöpfungen neu ju beleben, unb burd) übertriebenen SRealiS« mu£ unb unnatürliches Raffinement im ©ebraudje ber ßunftmittel 3u erzwingen, ma§ burd) bie rutjige fülle SBirrung beS Siinftlerifd)* Sdjönen nict)t metjr erreicht wirb. 2tnber§wo fetjen mir leiber bie ttunft, unb nicfjt am wenigften bie mufifalifdje, an bie niebrigften, oberfläd)licf)ften (Smpfinbungen ber 9)Zenge fid) roenben, unb burdj ßrregung ber Sinne baZ 5luffaffungeoermögen für ba§ Sdjöne oollenbS ertöbten. 3n foldjer 3e*t follte e§ bodj banfbar unb freubig begrübt werben, bafj mir in £>eutfd)lanb einen Sünftler befifcen oon genialer ©rfinbungsfraft , üon tieffter fünftlerifdjer Surdjbilbung , Don f)öd)fter 93egeifterung für ba§ mafjre &d Dcr ttunft, melier, inbem er überall auf bem 'öoben ber ftatur ftetjt, allem ttleinlid)cn unb Unmat)ren abrjolb ift, mit Srnft unb ®e* wiffcnljaftigfeit bat, Sdjöne, Söatjre unb crfjt SOienjcr>licfje auffudjt unb in feiner ftunft barsufteüen beftrebt ift, unb fo an feinem Xrjeile bie ibealen @üter unfereS SSolfeS gu erhalten unb ju ent< micfeln beftrebt ift. 3t)n $u ocrftcfjcn unb ju fennen, müßten fid) alle beftreben, benen e» um basfelbe $\d ju tfjun ift, unbefangen, ol)ne ibjn glcid) mit anberen meffen ober itjm feine Stellung in beT ttunftgefd)id)tc anmeifen $u wollen, was bod) mit Sid)erf)eit nur eine fpätere 3cit Su tf)un im Stanbe ift. SBenn mir wiebertjolt bie ftunft 33eetl)ooen'» mit ber feinigen oergleidjenb in SBcrbinbung festen , fo fonnte e£ uns nidjt einfallen , t>ier ein Urttjeil über Stellung unb Rang unter ben 9Jceiftern auSfpred)en gu rooflen, rooju l)eut§utage nod) niemanb berufen ift; unferer Überzeugung aber tjaben mir 2lu£brurf geben wollen, unb biefelbe wirb wie wir 374 Dr. Hermann 2>eiter8. 3o$annc6 Sratym«. [56 glauben oon oielen geseilt, bafc fein anberer unferer grofjen 9Jccifter in feinem Stile, in ben formen unb (Gattungen in benen er arbeitet, in feiner §trt wie er bie gorm befjanbelt, fo oiele SBer« gleid)ung§punfte mit 23raf)m§ bietet roie 93cctf)ODen, unb bajj e« bie oon itjm gcroiefenen SBatjnen finb, auf toelcfjen 93ratjm§, allen meiere naef) 33ectf)oocn gefommen finb ebenbürtig, bem gide, toelcfjeS bem roafjrcn iliinftler gefegt ift, mit jebem neuen SBerfe immer ent= fdjiebeneT unb erfolgreicher juftrebt. 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